Rz. 172

Im Bereich vertraglicher Regelungen zum Versorgungsausgleich wird § 27 VersAusglG durch § 8 Abs. 1 VersAusglG zunächst verdrängt. Diese Regelung ermöglicht eine Inhalts- und Ausübungskontrolle, in welche auch die nach § 27 VersAusglG sonst zu berücksichtigenden Umstände eingehen (zu Einzelheiten siehe oben § 7 Rdn 146 ff.).

 

Rz. 173

Umstände, welche ansonsten dazu führen, dass ein Fall des § 27 VersAusglG angenommen wird, werden im Regelfall dazu beitragen, dass zumindest eine Ausübungskontrolle nicht zu dem Ergebnis führen wird, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht zu beachten ist.[100] Nicht ganz so eindeutig ist dieses Ergebnis aber bei der Inhaltskontrolle; denn für die Inhaltskontrolle kommt es in erster Linie auf die Umstände im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung an. Später eingetretene Härtegründe können deswegen nicht dazu führen, dass eine im Abschlusszeitpunkt als unwirksam zu betrachtende Vereinbarung doch noch als wirksam angesehen werden kann.

 

Rz. 174

Reichen die Umstände umgekehrt nicht aus, um die Vereinbarung für unwirksam oder nicht durchsetzbar zu halten, ist die Vereinbarung also grds. wirksam und durchsetzbar, darf dieses Ergebnis nicht durch die Anwendung des § 27 VersAusglG aufgrund derselben Tatsachen korrigiert werden, die nicht ausgereicht haben, um die Wirksamkeit zu verneinen oder die Durchsetzbarkeit auszuschließen. Allerdings hindert die Annahme, die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich sei gültig, nicht ohne Weiteres, die Umstände, die schon bei der Inhaltskontrolle eingeflossen sind, nochmals bei der Frage zu berücksichtigen, ob § 27 VersAusglG einem nach dieser Vereinbarung durchzuführenden Versorgungsausgleich im Wege steht. Die Spezialität des § 8 Abs. 1 VersAusglG verbietet nur, dass allein aus den dort als nicht ausreichend angesehenen Gründen eine grobe Unbilligkeit konstruiert wird, nicht dagegen, dass die Umstände des Vertragsschlusses und der Inhalt der Vereinbarung als einer von mehreren Faktoren bei der Beurteilung der groben Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs herangezogen werden.

 

Rz. 175

I.Ü. haben die Eheleute es selbst in der Hand, durch ihre Vereinbarung selbst zu steuern, was in ihrem Verhältnis als Härtegrund gelten soll, welcher den Versorgungsausgleich ausschließen oder begrenzen soll (siehe oben § 7 Rdn 76 ff.). In ihre Regelungskompetenz fällt es gerade auch zu bestimmen, was in ihrem Verhältnis zueinander ein Härtegrund sein soll – und zwar auch noch, nachdem sich dieser Umstand bereits realisiert hat.

[100] HK-VersAusglG/Götsche, § 27 VersAusglG Rn 10.

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