Rz. 152

In der Literatur wird zunehmend diskutiert, ob die Verpflichtung zum Abschluss eines Ehevertrages oder eines Pflichtteilsverzichtsvertrages in einem Gesellschaftsvertrag zur Beurkundungspflicht des gesamten Gesellschaftsvertrages führt.

 

Rz. 153

Bei Grundstückskaufverträgen ist allgemein anerkannt, dass die Beurkundungspflicht des § 311b BGB nicht nur den eigentlichen Grundstückskaufvertrag erfasst, sondern in bestimmten Fällen auch schon früher eingreift. Um den Zweck der Beurkundung zu sichern, wird die Beurkundungspflicht bereits angenommen, wenn eine mittelbare Bindung eingegangen wird. Dies ist dann der Fall, wenn für den Fall, dass es nicht zum angestrebten Vertragsabschluss kommt, einem Beteiligten spürbare wirtschaftliche Nachteile erwachsen.[151] Wende man diese Grundsätze auf Ehevertrags- und Pflichtteilsverzichtsklausel in Gesellschaftsverträgen an, seien die Sanktionen, die dem Gesellschafter bei Nichterfüllung der Verpflichtung drohen, in der Regel so erheblich, dass eine Drucksituation entstehe, die der mittelbaren Bindung zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ähnle und daher zur Beurkundungspflicht des Gesellschaftsvertrages führe.[152] Andere lehnen die Übertragbarkeit der Grundsätze zu § 311b BGB auf Ehevertrags- und Pflichtteilsverzichtsklauseln in Gesellschaftsverträgen ab, da der Ehegatte des Gesellschafters nicht durch den Gesellschaftsvertrag gebunden ist und auch nicht sanktioniert wird, wenn die Verpflichtung nicht erfüllt wird.[153]

 

Rz. 154

So lange es keine obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage gibt, kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass die Aufnahme einer Verpflichtung zum Abschluss eines seinerseits beurkundungspflichtigen Ehevertrages oder Pflichtteilsverzichtsvertrages in einem Gesellschaftsvertrag unter Berücksichtigung von § 139 BGB zur Beurkundungsbedürftigkeit des ganzen Gesellschaftsvertrages führt, wenn die Nichterfüllung der Verpflichtung mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden ist. Es sollten daher vorsichtshalber auch eigentlich nicht beurkundungsbedürftige Gesellschaftsverträge von GbRs, KGs oder GmbH & Co. KGs beurkundet werden, wenn sie Ehevertrags- oder Pflichtteilsverzichtsklauseln enthalten.[154]

[151] Palandt/Grüneberg, § 311b Rn 13.
[152] Gassen, RNotZ, 2004, 424; Brambring, DNotZ 2008, 724; MüKo/Münch, § 1410 BGB Rn 5; MüKo/Kanzleiter, § 1410 BGB Rn 3.
[153] Hölscher, NJW 2016, 3057, 3058 ff.; MüKo/Münch, § 1410 BGB Rn 4.
[154] So auch MüKo/Münch, § 1410 BGB Rn 4.

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