Rz. 164

Die vermögensverwaltende Personengesellschaft ist ertragsteuerlich transparent, die von der Gesellschaft gehaltenen Wirtschaftsgüter werden den Gesellschaftern anteilig nach Bruchteilen zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Für Zwecke der Einkommensteuer wird die Anteilsschenkung also so behandelt, als würden anteilig die von der Gesellschaft gehaltenen Vermögensgegenstände verschenkt. Dies vollzieht sich im Grundsatz steuerneutral, d.h. der Beschenkte tritt (ggf. anteilig) in die Anschaffungskosten des Schenkers in Bezug auf die einzelnen Vermögensgegenstände ein.[167]

 

Rz. 165

Nicht abschließend geklärt sind die steuerlichen Folgen, wenn zum Gesellschaftsvermögen neben "steuerverstricktem Vermögen" (z.B. Immobilien innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG) zum Schenkungszeitpunkt auch Gesellschaftsschulden gehören. Wie vorstehend dargelegt, wird im Fall einer Anteilsschenkung die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage durch Verbindlichkeiten der vermögensverwaltenden Personengesellschaft reduziert; das Schenkungsteuerrecht fingiert insoweit eine teilentgeltliche Übertragung (§ 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG). Fraglich ist, ob aufgrund des wirtschaftlichen Übergangs der Gesellschaftsschulden auf den Beschenkten (Bruchteilsbetrachtung, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) auch für einkommensteuerliche Zwecke von einer teilentgeltlichen Übertragung auszugehen ist. In diesem Fall könnte es auf Seiten des Anteilsschenkers gegebenenfalls zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 22 Abs. 2 EStG (Wertpapiere) oder § 23 EStG (Immobilien) kommen; auf Seiten des Beschenkten könnten korrespondierend Anschaffungskosten und daher potenziell eine Erhöhung der AfA-Bemessungsgrundlage für zum Gesellschaftsvermögen gehörende Immobilien anzunehmen sein.[168] Auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung ist hiervon allerdings nicht auszugehen; danach ist ein (teil)entgeltliches Veräußerungsgeschäft nur dann anzunehmen, wenn der Beschenkte unmittelbar persönliche Schulden des Schenkers übernimmt.[169] Der bloß wirtschaftliche Übergang von Gesellschaftsschulden aufgrund der Bruchteilsbetrachtung gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO sollte hingegen ohne gesonderte gesetzliche Anordnung nicht dazu führen, aus einer Schenkung von Anteilen eine "Veräußerung" von Anteilen gem. § 23 Abs. 1 S. 4 EStG (oder § 20 Abs. 2 S. 3 EStG) zu machen.[170] Endgültig geklärt ist die Frage gleichwohl nicht.[171]

[167] Vgl. für Kapitalvermögen § 20 Abs. 4 S. 6 EStG; für "steuerverstrickte" Immobilien vgl. § 23 Abs. 1 S. 3 EStG; für Anteile i.S.d. § 17 EStG vgl. § 17 Abs. 2 S. 5 EStG.
[168] In diesem Sinne Hans, Stbg 2019, 251, 266; Steben, GStB 2015, 432, 438.
[169] So zuletzt FG Köln v. 10.10.2018, EFG 2019, 1976; in diesem Sinne auch bereits BFH v. 6.9.2016 – IX R 27/15, BStBl II 2018, 335; vgl. auch Riedel, FR 2020, 264.
[170] Vgl. im Ergebnis auch Kotzenberg/Riedel, UBG 2020, 332, 336.
[171] Gegen das Urteil des FG Köln v. 10.10.2018 ist die Revision beim BFH anhängig, Az. IX R 22/19.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge