Rz. 81

Der Verzicht auf die Beschlussfassung nach § 18 Abs. 3 S. 1 WEG a.F. geht allerdings über die zivilprozessualen Folgen deutlich hinaus. Soweit die Gesetzesmaterialien postulieren, dass auch ohne § 18 Abs. 3 S. 1 WEG a.F. "über die Ausübung des Anspruchs ein Mehrheitsbeschluss zu fassen ist,"[78] verkennt dies die vom Gesetzgeber selbst geschaffenen Neuerungen. Zwar werden die Eigentümer über eine so wichtige Angelegenheit wie die Entziehung von Wohnungseigentum in der Regel durch Beschluss entscheiden wollen. Zwingend ist dies jedoch nicht. Bekanntlich kommt dem Verwalter nach § 9b Abs. 1 S. 1, 3 WEG jetzt eine unbeschränkbare Vollmacht zu, die Wohnungseigentümergemeinschaft außergerichtlich und gerichtlich zu vertreten. Dies gilt naturgemäß auch im vorliegenden Zusammenhang. Leitet er also ein Entziehungsverfahren gegen einen Wohnungseigentümer ein, kann das Gericht nicht die Vorlage eines diesbezüglichen Beschlusses verlangen. Im Ergebnis könnte sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer somit auch formlos auf die Durchführung eines Entziehungsverfahrens gegen einen missliebigen Wohnungseigentümer einigen, das der Verwalter durchsetzt. Der Betroffene kann also nicht mehr zwingend mit einer letzten Warnung durch eine förmliche Beschlussfassung rechnen. Eine Entziehungsklage kann auch ohne eine solche Beschlussfassung erhoben werden.

[78] BT-Drucks 19/18791, S. 55.

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