1. Antragstellung und Bedürftigkeit

 

Rz. 8

Insoweit gelten für die Verfahren nach dem FamFG keine von der ZPO abweichenden Vorgaben. Ebenso wie im allgemeinen Zivilprozess bedarf es gem. § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO eines gesonderten Verfahrenskostenhilfeantrags (Antragsmuster im Formularteil, siehe § 13 Rdn 63 ff.), wobei die Kostenarmut durch eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt Anlagen zu belegen ist (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 117 ZPO). Das Formular für diese Erklärung ist durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (PKHFV)[19] neu gestaltet worden. Anhand dieser Erklärung muss dem Gericht eine Prüfung der Bedürftigkeit des Antragstellers (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 115 ZPO) möglich sein. Das Gericht kann vom Antragsteller Glaubhaftmachung fordern (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 118 Abs. 2 ZPO).

Wurde Verfahrenskostenhilfe bereits formell rechtkräftig verweigert, so steht diese Entscheidung der Zulässigkeit eines neuen Verfahrenskostenhilfegesuchs nicht entgegen; denn ein die Verfahrenskostenhilfe versagender Beschluss erlangt zwar formelle, aber keine materielle Rechtskraft. Nur ausnahmsweise kann es an einem Rechtschutzbedürfnis für die erneute Antragstellung fehlen, wenn auf der Grundlage desselben Lebenssachverhalts ein vorheriger Antrag gleichen Inhalts bereits zurückgewiesen worden ist und ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung wegen Fristablaufs nicht mehr eingelegt werden kann oder die eingelegten Rechtsbehelfe keinen Erfolg hatten.[20]

[19] BGBl 2014 I, S. 34 ff.
[20] BGH FamRZ 2015, 1874.

2. Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung

 

Rz. 9

Unabhängig davon, ob ein Antragsverfahren oder ein von Amts wegen eingeleitetes Verfahren in Rede steht, muss das Gericht jeweils die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung prüfen, wobei auch insoweit nach § 76 Abs. 1 FamFG der § 114 Abs. 1 ZPO und die hierzu bislang entwickelte Rechtsprechung und Literatur herangezogen werden können.

 

Rz. 10

Die notwendige hinreichende Erfolgsaussicht liegt in den vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) beherrschten kindschaftsrechtlichen Verfahren in Antragsverfahren schon dann vor, wenn der Beteiligte im Verfahren ein nach der Verfahrensordnung vorgesehenes Ziel verfolgt bzw. seine Lage darin verbessern kann und will[21] und das Gericht aufgrund des verfahrenseinleitenden Antrags den Sachverhalt näher zu ermitteln und ggf. zu regeln hat und sich nicht darauf beschränken kann, den Antrag ohne Weiteres – also ohne jede Ermittlung und ohne jede Anhörung der Beteiligten – zurückzuweisen.[22]

Daher kann Verfahrenskostenhilfe jedenfalls dann verweigert werden, wenn eine reine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die höchstrichterlich geklärt oder nicht schwierig ist.[23]

Sind indessen nach der Anhörung der Gegenseite weitere Ermittlungen oder eine mündliche Anhörung nötig, so ist Verfahrenskostenhilfe – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – zu ­bewilligen.[24] Denn von Verfassungs wegen darf das Gericht seine Entscheidung über die ­Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht im Nachhinein treffen, dementsprechend seine Erkenntnisse aus dem Hauptsacheverfahren in die Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe mit einfließen lassen.[25] Die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe kann daher nicht auf den Eindruck und die Ergebnisse gestützt werden, die das Gericht (erst) im Anhörungstermin gewonnen hat,[26] zumal das Verfahrenskostenhilfegesuch nach Ablauf der Stellungnahmefrist der Gegenseite entscheidungsreif ist.[27]

Allerdings darf das Gericht im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahrens auf dem Boden von § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 118 Abs. 2 S. 1 und S. 2 ZPO auch in Bezug auf die Erfolgsaussicht die Glaubhaftmachung des Sachvortrags fordern, insbesondere die Vorlage von Unterlagen anordnen.[28]

 

Rz. 11

Für die von Amts wegen einzuleitenden Verfahren gilt grundsätzlich der gleiche Maßstab, wobei ergänzend darauf abgestellt wird, welches Verfahrensziel der um Verfahrenskostenhilfe nachsuchende Beteiligte verfolgt[29] und inwieweit er durch den Ausgang des Verfahrens in seinen Rechten beeinträchtigt werden könnte. Hierbei genügt es, dass eine Rechtsbeeinträchtigung hinreichend wahrscheinlich ist.[30] Dies gilt umso mehr, als sich der Beteiligte dem gerichtlichen Verfahren nicht entziehen kann.[31] Daher ist die Erfolgsaussicht in Kindschaftssachen auch zu bejahen, wenn durch die Verfahrensbeteiligung des Verfahrenskostenhilfe beantragenden Elternteils zumindest auch das Kindeswohl gefördert wird.[32] Speziell in Verfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 1696 Abs. 2 BGB, die auf Rückführung eines Kindes zu seinem Elternteil gerichtet sind, genügt es bereits, wenn dieser auch nur einen teilweisen Wegfall seiner vormals durch einen vollständigen oder teilweisen Sorgerechtsentzug eingetretenen Rechtsbeeinträchtigung mit hinreichender Erfolgsaussicht begehren kann.[33] Ein großzügiger Maßstab ist im Verfahren nach § 1666 BGB auch dann anzulegen, wenn sich dieses gegen die nach § 1626a Abs. 3 BGB n.F. alleinsorgeberecht...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge