Rz. 112

Je älter die Erblasser werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Mitarbeiter einer Sozialbehörde, bspw. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, mit diesem Kontakt hatte. Diesem Mitarbeiter könnte aufgrund des sogenannten Sozialgeheimnisses ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 35 Abs. 3 SGB I zustehen.

 

Rz. 113

Die Übermittlung von Sozialdaten an Dritte ist den Leistungsträgern jedoch dann erlaubt, wenn eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach den §§ 6877 SGB X oder einer anderen Rechtsvorschrift im Sozialgesetzbuch vorliegt (§ 67d Abs. 1 SGB X). Eine Datenübermittlung ist, obwohl § 67d SGB X dies nicht ausdrücklich erwähnt, auch dann zulässig, wenn eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt.[216] Dies ergibt sich aus § 67b Abs. 1 SGB X, der die Verarbeitung von Sozialdaten für zulässig erklärt, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Zur Verarbeitung gehört auch die Übermittlung von Sozialdaten (§ 67 Abs. 6 SGB X).

 

Rz. 114

Für den Fall, dass eine ausdrückliche Einwilligung des Erblassers nicht vorliegt, richtet sich die Verarbeitung und Nutzung, also auch die Datenübermittlung, grundsätzlich nach den Vorschriften des Zweiten Kapitels des SGB X (§ 35 Abs. 5 S. 1 SGB I). Eine Übermittlung ist auch dann gem. § 35 Abs. 5 S. 2 SGB I zulässig, wenn schutzwürdige Interessen des Erblassers oder seiner Angehörigen nicht beeinträchtigt werden, weil eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen ausgeschlossen ist.[217] Wie sich der Gesetzesbegründung[218] entnehmen lässt, ist § 35 Abs. 5 S. 1 SGB I maßgeblich, wenn nicht gem. § 35 Abs. 5 S. 2 SGB I schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen durch die Weitergabe der Daten beeinträchtigt werden können. Bei der Interpretation des Begriffes "schutzwürdige Interessen" hinsichtlich des Erblassers kommt es auf den mutmaßlichen Willen des Erblassers an. Insoweit sind die von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mutmaßlichen Einwilligung zur ärztlichen Schweigepflicht heranzuziehen.[219]

[216] Siehe Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 12/5187.
[217] Vgl. BT-Drucks. 12/5187, S. 28.
[218] BT-Drucks. 12/5187, S. 28.
[219] AG Augsburg, Beschl. v. 17.7.2013 – VI 1163/12, ErbR 2014, 142 = FamRZ 2014, 882 = ZEV 2014, 36.

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