Rz. 71

Der Gebäudesachwert ermittelt sich aus dem Gebäuderegelherstellungswert abzüglich einer Alterswertminderung, § 190 Abs. 1, 4 BewG.

(a) Gebäuderegelherstellungswert

 

Rz. 72

Der Gebäuderegelherstellungswert ergibt sich aus der Multiplikation der Regelherstellungskosten mit der Brutto-Grundfläche des Gebäudes, § 190 Abs. 1 S. 2 BewG.

Die Regelherstellungskosten (RHK) sind in der Anlage 24 zum BewG enthalten, § 190 Abs. 1 S. 3 BewG. Es gelten also nicht die tatsächlichen Herstellungskosten des Gebäudes, sondern typisierte Werte. Maßgeblich für die Bestimmung der zutreffenden Regelherstellungskosten aus Anlage 24 sind die Grundstücksart, die Gebäudeart und der Gebäudestandard. Der Gebäudestandard wird anhand von fünf (einfachst/einfach/Basis/gehoben/aufwendig) Standardstufen bestimmt. Hinsichtlich des Gebäudetyps wird insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern im Rahmen der Unterkellerung und des Dachgeschossausbaus differenziert.

Die aus Anlage 24 zum BewG für das Gebäude ermittelten Regelherstellungskosten (Kostenstand 2010) sind nach § 190 Abs. 2 BewG auf den Bewertungsstichtag anzupassen. Diese Anpassung erfolgt mittels vom Bundesministerium der Finanzen im Bundessteuerblatt veröffentlichten Baupreisindizes für Wohn- und Nichtwohngebäude.

 

Rz. 73

Mit Schreiben vom 18.1.2021[31] hat das BMF die Baupreisindizes für Bewertungsstichtage im Kalenderjahr 2021 für

Gebäudearten 1.01. bis 5.1. Anlage 24, Teil II zum BewG – insbesondere Wohngebäude – i.H.v. 129,2 und
Gebäudearten 5.2. bis 18.2. Anlage 24, Teil II zum BewG – insbesondere Nichtwohngebäude – i.H.v. 130,1

veröffentlicht.

 

Rz. 74

Die Brutto-Grundfläche (BGF) ist in der Anlage 24 Teil I zum BewG zwingend definiert. Es handelt sich danach grundsätzlich um die Summe aus den Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks und deren konstruktiven Umschließungen. Konstruktive und gestalterische Vor- und Rücksprünge Fußsockelleisten sowie vorstehende Teile von Fenster- und Türbekleidungen etc. bleiben dabei unberücksichtigt. Für die Ermittlung der Brutto-Grundfläche sind die äußeren Maße der Bauteile (einschließlich Bekleidung, z.B. Putz) anzusetzen. Die Finanzverwaltung rechnet auch nicht ausgebaute aber ausbaufähige Dachgeschosse auf die Brutto-Grundfläche an.[32] Diese werden mit ihrer vollen Fläche als auf die BGF angerechnet, wenn deren lichte Höhe über 1,25 Meter beträgt und sie begehbar sind.[33]

Nicht zur Brutto-Grundfläche gehören z.B. Flächen von Spitzböden und Kriechkellern, Flächen, die ausschließlich der Wartung, Inspektion und Instandsetzung von Baukonstruktionen und technischen Anlagen dienen, sowie Flächen unter konstruktiven Hohlräumen, z.B. über abgehängten Decken.

 

Rz. 75

Die Finanzverwaltung sieht für Wohnungseigentum in Mehrfamilienhäusern einen Umrechnungsfaktor hinsichtlich der Brutto-Grundfläche von 1,55 x Wohnfläche vor, für Tief- und Hochgaragen von 1,55 x tatsächliche Stellplatzfläche (Länge x Breite).[34]

 

Rz. 76

Bei der Ermittlung der BGF wird zwischen folgenden Bereichen unterschieden:[35]

Bereich a: überdeckt und allseitig in voller Höhe umschlossen
Bereich b: überdeckt, jedoch nicht allseitig in voller Höhe umschlossen
Bereich c: nicht überdeckt.

Die Regelherstellungskosten (RHK) berücksichtigen jedoch nur die BGF der Bereiche a und b. Der Bereich c wird nicht erfasst.

[32] R B 190.6 Abs. 5 S. 6 ErbStR 2019.
[33] OFD Niedersachsen v. 15.4.2013 – S 3225 37-St 238.
[34] Anlage 24 (zu § 190 Abs. 1 S. 4 und Abs. 3 BewG): Ermittlung des Gebäuderegelherstellungswerts.
[35] Abbildung: Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Anleitung für die Anlage Grundstück zur Feststellungserklärung (Vordruck BBW 2).

(b) Alterswertminderung

 

Rz. 77

Vom Gebäuderegelherstellungswert ist gem. § 190 Abs. 4 S. 1 BewG eine Alterswertminderung abzuziehen, da das Gesetz beim Herstellungswert von einem neu errichteten Gebäude ausgeht. Die Alterswertminderung wird regelmäßig nach dem Verhältnis des Alters des Gebäudes am Bewertungsstichtag zur wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG bestimmt, § 190 Abs. 4 S. 2 BewG. Dabei wird von einer linearen jährlichen Wertminderung ausgegangen, so dass etwa bei einer für ein Einfamilienhaus geltenden Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren ein jährlicher Wertabschlag i.H.v. ca. 1,4 % angenommen wird.

 

Rz. 78

Der Berechnung des Gebäudealters sind der Tag der erstmaligen Bezugsfertigkeit (vorher lag kein Gebäude vor) und der Tag der Entstehung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer gem. § 9 ErbStG zugrunde zu legen.[36]

Wie beim Ertragswertverfahren, ist eine Mindestrestnutzungsdauer anzusetzen. Gemäß § 190 Abs. 4 S. 5 BewG ist der nach Abzug der Alterswertminderung verbleibende Gebäudewert regelmäßig mit mindestens 30 % des Gebäuderegelherstellungswerts anzusetzen. Wenn eine geringere Nutzungsdauer objektiv feststeht, wie z.B. bei vertraglicher Abbruchverpflichtung für das Gebäude, kann nach Auffassung der Finanzverwaltung dieser Mindestansatz jedoch unterschritten werden.[37]

 

Rz. 79

Sind in den letzten ...

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