1. Sofortige Verzinsung

 

Rz. 369

Ausschließlich der Wertersatz beim Totalschaden und die Wertminderung sind Schadenspositionen, die der sofortigen Verzinsung nach § 849 BGB unterliegen (BGH NJW 1983, 1614), allerdings erst nach Ablauf des Zeitraums der Nutzungsausfallentschädigung (BGH VersR 1983, 555; siehe oben § 5 Rdn 25 ff.).

 

Rz. 370

Finanzierungskosten (Kreditzinsen) sind adäquat kausal auf die Eigentumsverletzung zurückzuführende Folgeschäden und setzen deshalb keinen Verzug voraus (BGH VersR 1974, 90 und 143). Die Darlegungspflicht für die Notwendigkeit der Kreditaufnahme obliegt allerdings dem Geschädigten (BGH VersR 1974, 90).

2. Verzugsschäden

 

Rz. 371

Bei allen übrigen Ansprüchen kommt es darauf an, ob sich der Schädiger in Verzug befunden hat.

a) Verzugsvoraussetzungen

 

Rz. 372

Verzug verlangt gem. §§ 281, 286 BGB Fälligkeit der geschuldeten Leistung und Mahnung. Der Schuldner kommt nur dann nicht in Verzug, wenn er den Verzug nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB). Einer Mahnung bedarf es zwar gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist.

 

Rz. 373

Allerdings muss die Bestimmung durch Rechtsgeschäft (i.d.R. durch Vertrag), durch Gesetz oder in einem Urteil getroffen worden sein, sodass die einseitige Bestimmung durch den Gläubiger nicht ausreicht, sofern diesem nicht ausnahmsweise ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zusteht (std. Rspr., z.B. BGH NJW 2005, 1772; NJW 2006, 3271; BGH VersR 2008, 132, 133).

 

Rz. 374

Jedoch kann eine Mahnung mit der erst die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden werden (BGH RGZ 50, 255, 261; BGH WM 1970, 1141; BGH VersR 2008, 132, 133). In der einseitigen Bestimmung einer Zahlungsfrist liegt regelmäßig eine Mahnung, wenn der Gläubiger die für eine Mahnung erforderliche eindeutige Leistungsaufforderung zum Ausdruck bringt (BGH NJW 2006, 3271 Rn 10).

 

Rz. 375

Wenn also in dem ersten Spezifikationsschreiben an den Versicherer bereits eine kalendermäßig bestimmte Frist zur Zahlung des geforderten Betrages enthalten ist, gerät der Versicherer ohne weitere Mahnung am Tage des Fristablaufs in Verzug.

 

Rz. 376

Allerdings muss die Zahlungsfrist angemessen sein, denn der Verzug setzt gem. § 286 Abs. 4 BGB ein Verschulden des Gläubigers voraus (BGH NJW 2006, 3271 Rn 11). Die Rechtsprechung gesteht dem Versicherer unterschiedlich lange Prüfungsfristen zu (OLG Saarbrücken zfs 1992, 22: drei Wochen; LG Zweibrücken zfs 2016, 198: drei bis vier Wochen; OLG Saarbrücken zfs 1991, 16 sowie LG Köln VersR 1989, 303: ein Monat; LG Berlin VersR 1968, 906: sechs Wochen). Soweit in OLG Oldenburg DAR 1999, 76 eine Prüfungsfrist von sieben Wochen als noch angemessen beurteilt wurde, weil sich der Versicherer vergeblich um Akteneinsicht bemüht habe, ist eine derart lange Frist abzulehnen.

Vgl. zur angemessen Prüfungs- bzw. Regulierungsfrist im Einzelnen § 1 Rdn 365 ff. sowie § 5 Rdn 30 ff.

 

Rz. 377

 

Hinweis

Das – taktisch sicherlich häufig gebotene – Setzen einer eher knapp bemessenen Frist ist insofern unproblematisch, als durch eine zu knapp bemessene Frist regelmäßig eine angemessene Frist in Lauf gesetzt wird (std. Rspr., z.B. BGH NJW 1982, 1279; WM 1970, 1421; NJW 1985, 991). Soweit man dogmatisch davon ausgeht, dass innerhalb der angemessenen Prüfungsfrist (noch) das gem. § 286 Abs. 4 BGB erforderliche Verschulden des Versicherers fehlt, dürfte dieses nach Ablauf der im Einzelfall angemessenen Prüfungsfrist vorliegen, sodass dann sozusagen "automatisch" Verzug eintritt.

b) Zinsen

 

Rz. 378

Eine wichtige Bestimmung findet sich in § 288 Abs. 1 BGB. Danach ist eine Geldschuld während des Verzuges mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Das bedeutet also, dass der gegnerische Versicherer für jede von ihm nicht bezahlte Schadensersatzforderung ab der ersten gesetzten Zahlungsfrist ohne weiteres verpflichtet ist, fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz Verzugszinsen zu zahlen. Das können ganz erhebliche Beträge sein, die dem Geschädigten zustehen und die sofort ab dem zweiten Schreiben an den Versicherer auch geltend gemacht werden müssen.

 

Rz. 379

 

Tipp

Das jetzige Recht ermöglicht die Geltendmachung vergleichsweise hoher Zinsen gleich nach Ablauf der ersten Zahlungsfrist. Ab diesem Zeitpunkt darf nicht mehr vergessen werden, diese Zinsen geltend zu machen!

 

Rz. 380

Vielleicht hat diese Regelung – so sie von den Geschädigtenvertretern auch angewendet wird – endlich den Erfolg, dass das verzögerliche Regulierungsverhalten der Versicherer aufhört. Der von ihnen damit beabsichtigte eigene Zinsgewinn entfällt nun sicherlich. Der Erfolg wird aber nur dann eintreten, wenn alle Anwälte diese Zinsen auch nachhaltig für ihre Mandanten fordern und nicht aus Bequemlichkeit oder Rechtsunkenntnis versäumen, sie geltend zu machen.

 

Rz. 381

 

Tipp

Versicherer vertreten oft die Meinung, sie könnten sich so lange nicht in Verzug befunden haben und seien zur Übernahme von Zinsverlusten oder Finanzierungskosten nicht verpflichtet, wie sie nicht über alle für sie entscheidungsrelevanten Informationen verfügen. Das ist besonders...

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