Rz. 167

Der für das Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat inzwischen die bisher streitige Frage der Aufklärungspflicht des Autovermieters bei Anmietung eines Fahrzeugs zum Unfallersatztarif geklärt. Danach muss der Vermieter zwar nicht über den gespaltenen Tarifmarkt aufklären, also weder über die eigenen unterschiedlichen Tarife noch die Angebote der Konkurrenz. Der BGH führt jedoch aus (Schneider, in: Berz/Burmann, Kap. 5 C Rn 29h):

Zitat

"Der Vermieter muss aber dann, wenn er dem Unfallgeschädigten einen Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt und deshalb die Gefahr besteht, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die (gegnerische) Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet" [Hervorhebung durch Autor] (BGH VersR 2006, 1274, 1277 m. Anm. Tomson = zfs 2006, 621 m. Anm. Diehl = r+s 2006, 391 = DAR 2006, 571; BGH VersR 2007, 1427 = r+s 2007, 304 = NJW 2007, 1447 = NZV 2007, 236; BGH VersR 2007, 809 = NJW 2007, 2181; BGH VersR 2007, 1428 = zfs 2007, 630 = NZV 2007, 515 = DAR 2007, 702 = NJW 2007, 2759; BGH VersR 2008, 267 = DAR 2008, 86; BGH v. 21.11.07 – XII ZR 128/05; BGH VersR 2008, 269; BGH v. 25.3.2009 – XII ZR 117/07 – VersR 2009, 1243 = zfs 2009, 501; vgl. den umfassenden Überblick von Herrler, VersR 2007, 582).

 

Rz. 168

Nach der Rechtsprechung steht dem Mieter bei einem Verstoß gegen diese Aufklärungspflicht ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. zu, den er der geltend gemachten Mietforderung entgegenhalten kann (BGH r+s 2007, 304 = NZV 2007, 236; vgl. Schneider, in: Berz/Burmann, Kap. 5 C Rn 29g).

 

Rz. 169

Unterschiedlich gesehen wird, wie sich dieser Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Vermieter auf den vom Schädiger zu ersetzenden Schaden auswirkt. Während zum Teil darauf hingewiesen wird, dass der Geschädigte nur einen Schaden in Höhe des Normaltarifs habe, der vom Versicherer des Schädigers zu erstatten sei (Tomson, Anm. zu BGH VersR 2006, 1274, 1278), geht der BGH in seinen jüngeren Entscheidungen davon aus, dass es für die Frage der Erstattungspflicht hinsichtlich eines Unfallersatztarifs nicht darauf ankomme, ob dieser zwischen Mieter und Vermieter wirksam vereinbart ist. Der BGH führt hierzu aus (vgl. Schneider, in: Berz/Burmann, Kap. 5 C Rn 29i):

Zitat

"Der Schädiger und sein Haftpflichtversicherer können sich in einem solchen Fall nicht im Hinblick auf möglicherweise bestehende vertragliche Ansprüche des Geschädigten gegen den Vermieter von der Schadensersatzverpflichtung befreien. In ihrem Verhältnis zum Geschädigten spielen solche Ansprüche angesichts der Regelung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB keine Rolle" (BGH VersR 2007, 1577 = zfs 2008, 22 = r+s 2008, 37 = DAR 2007, 700 unter Bezugnahme auf BGH VersR 2005, 969; bestätigend BGH v. 16.9.2008 – VI ZR 226/07 – r+s 2009, 261 = DAR 2009, 325).

 

Rz. 170

Der BGH hat inzwischen klargestellt, dass der Versicherer des Schädigers trotz voller Schadensersatzverpflichtung über keinen Anspruch auf Abtretung der diesbezüglichen Ersatzansprüche verfügt (BGH v. 16.9.2008 – VI ZR 226/07 – r+s 2009, 261 = DAR 2009, 325; anders noch OLG Hamm SP 1994, 214; OLG Karlsruhe DAR 1993, 229; OLG Koblenz zfs 1992, 120).

 

Tipp

Aufgrund dieser Rechtsprechung sollte sich der Geschädigte keineswegs vom gegnerischen Versicherer unter Hinweis auf einen dem Geschädigten gegen den Vermieter zustehenden Schadensersatzanspruch auf die Erstattung des Normaltarifs verweisen lassen, wenn dieser im konkreten Fall dem Geschädigten nicht zugänglich oder zumutbar war. Auch bei dieser Konstellation käme allenfalls die Abtretung des Schadensersatzanspruchs an den Versicherer gegen vollständigen Ausgleich der tatsächlich entstandenen Kosten des Unfallersatztarifs in Betracht. Ist im Haftpflichtprozess in Bezug auf die Mietwagenkosten ein Teilunterliegen zu befürchten, sollte eine Streitverkündung gegenüber dem Mietwagenunternehmen erfolgen.

 

Rz. 171

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in der Praxis ein Mietwagen wohl in aller Regel nur dann in Anspruch genommen wird, wenn bei der Anmietung von einer vollen Einstandspflicht des Schädigers ausgegangen werden kann. Sobald eine Mithaftung denkbar ist, wird regelmäßig entweder ganz auf die Mietwageninanspruchnahme verzichtet oder seitens des Vermieters von sich aus schon der Normaltarif angeboten.

 

Rz. 172

Ob daraus allerdings ein Anspruch des Versicherers folgt, Nachfragen betreffend die Umstände bei der Anmietung des Fahrzeugs zu beantworten (so Richter, zfs 2005, 109, 110), um ihm die Möglichkeit der Prüfung von Regressansprüchen gegenüber dem Vermieter zu geben, dürfte – nunmehr vor dem Hintergrund der soeben zitierten Entscheidung des BGH (siehe Rdn 170) sogar eindeutig – zu verneinen sein. Der Geschädigte und sein Anwalt sind demzufolge auch nicht verpflic...

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