Rz. 413

Entstehen Zinskosten für die Vorfinanzierung der Reparaturkosten oder der Ersatzwagenbeschaffung, sind diese vom Schädiger grundsätzlich zu erstatten.[554]

 

Rz. 414

Allerdings ist es dem Geschädigten vor der Inanspruchnahme kostspieliger Fremdmittel zuzumuten, seine etwaig vorhandene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen.[555] Andererseits ist der Geschädigte zur Kreditaufnahme verpflichtet, wenn der dadurch verursachte Zinsschaden erheblich geringer ist, als der durch den Ausfall eines gewerblich genutzten Fahrzeugs verursachte Verdienstausfallschaden. Jede Disposition des Geschädigten wird somit an der Einhaltung der Schadensminderungspflicht gemessen.

 

Rz. 415

Ob der gegnerische Haftpflichtversicherer auf die Gefahr der Inanspruchnahme von Fremdmitteln hinzuweisen ist, wird von einem Teil der Rechtsprechung abgelehnt.[556] Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Aufnahme von Fremdmitteln für den Fahrzeugschaden und sämtliche Folgekosten Teil des Herstellungsaufwands gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sind, weshalb der Schädiger bzw. sein Kfz-Haftpflichtversicherer den daraus resultierenden Schaden auch ohne Verzug zu ersetzen hat.[557] Gem. dem Gebot des "sichersten Weges" sollte dem gegnerischen Versicherer jedoch die Möglichkeit einer – erforderlichenfalls unter dem Vorbehalt der Rückforderung erklärten – Akontierung gegeben werden. Dies umso mehr, als es dem Schädiger schwer fallen wird, dem Geschädigten eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorzuwerfen, wenn ihm durch die rechtzeitige Anzeige drohender Schäden die Möglichkeit zur Abhilfe gegeben wurde.

 

Rz. 416

Ein Finanzierungsschaden kann auch bei verspätetem Ausgleich eines Verdienstausfallschadens und dadurch verursachter Aufnahme von Fremdmitteln eintreten. Auch in diesem Fall setzt die Eintrittspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers keinen Verzug des Versicherers voraus. Allerdings muss der Versicherer auf den drohenden Schaden vorab hingewiesen werden.[558]

 

Rz. 417

Die Höhe des Finanzierungsschadens muss der Geschädigte durch Vorlage einer Bankbescheinigung nachweisen. Eine Pauschalierung oder fiktive Abrechnung ist grundsätzlich nicht möglich.

 

Rz. 418

Vom Finanzierungsschaden ist der Zinsschaden des Geschädigten zu unterscheiden. Neben dem allgemeinen Zinsschaden des § 288 BGB ist im Bereich der Verkehrsunfallbearbeitung § 849 BGB zu beachten. Danach erhält der Geschädigte Zinsen für die Entziehung der Sache oder die Beschädigung einer Sache. Der Anspruch kann ab dem Zeitpunkt verlangt werden, "welcher der Bestimmung des Werts zugrunde gelegt wird". Mit dieser "verklausulierten" Formulierung ist gemeint, dass der Geschädigte ab dem Eintritt des Schadens einen Zinsausgleich nur für eine endgültig verbleibende Einbuße an der Substanz oder der Nutzbarkeit der Sache erhalten soll. Für den Verlust der Nutzbarkeit der Sache soll der Geschädigte wahlweise Ausgleich des Nutzungsausfallschadens oder des Zinsschadens erhalten. Beides kann hingegen nicht nebeneinander geltend gemacht werden.[559]

 

Rz. 419

Muster 8.112: Kreditaufnahme trotz vorhandener Vollkaskoversicherung

 

Muster 8.112: Kreditaufnahme trotz vorhandener Vollkaskoversicherung

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich komme zurück auf die im Betreff genannte Schadensache. Mein Mandant beabsichtigt, das Unfallfahrzeug möglichst umgehend reparieren zu lassen. Hierfür fehlen ihm jedoch die erforderlichen flüssigen Geldmittel. Die voraussichtlichen Reparaturkosten belaufen sich nach Maßgabe des vorliegenden Sachverständigengutachtens auf ca. _________________________ EUR. Es ist meinem Mandanten unmöglich, diesen Betrag aus seinen vorhandenen Mitteln zu bestreiten. Dies wäre ihm auch nicht zumutbar, da die Verwendung der Mittel zu einer Einschränkung seiner gewohnten Lebensführung führen würde. In Fällen dieser Art ist der Geschädigte zur Inanspruchnahme von Fremdmitteln grundsätzlich berechtigt (vgl. BGHZ 61, 350; OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.11.2004 – 1 U 14/11 – juris).

Zur Vermeidung des drohenden Zinsschadens besteht ebenfalls die Möglichkeit, den Vollkaskoversicherer meines Mandanten in Anspruch zu nehmen. Mein Mandant wird dies allerdings nur dann veranlassen, wenn Sie sich zur Übernahme des dadurch verursachten Rückstufungsschadens sowie des Verlustes des Schadensfreiheitsrabatts bereit erklären.

Ich gebe Ihnen hiermit die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Abwendung des drohenden Zinsschadens bis zum

_________________________ (10-Tages-Frist).

Nach fruchtlosem Fristablauf wird mein Mandant zur Vorfinanzierung der Reparaturkosten einen Kredit in Anspruch nehmen. Den dadurch verursachten Zinsschaden würde ich Ihnen zu gegebener Zeit gesondert nachweisen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

[555] OLG München VersR 19...

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