Rz. 260

Der Anspruch auf Ausgleich der Mietwagenkosten ist darauf gerichtet, dass der Geschädigte vom Schädiger für den Ausfallzeitraum ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt bekommt. In demselben Maße ist der Geschädigte dazu berechtigt, ein Mietfahrzeug für den Ausfallzeitraum in Anspruch zu nehmen.

Die Grenzen dieser Berechtigung werden zunächst durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gesteckt. Danach sind nur die "erforderlichen" Kosten auszugleichen. In diesem Sinne sind Mietwagenkosten "erforderlich", wenn sie von einem verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verursacht worden wären.[315]

[315] BGH NJW 2013,1539; OLG Köln VersR 1996, 121.

1. Mietwagenkosten und unfallbedingte Verletzungen

 

Rz. 261

Auch im Bereich der Mietwagenkosten hat jeder Geschädigte die ihm obliegende Pflicht zur Schadensminderung bzw. -geringhaltung gem. § 254 Abs. 2 BGB zu beachten. Danach widerspräche es wirtschaftlicher Vernunft, ein Mietfahrzeug in Anspruch zu nehmen, wenn dem Geschädigten ein Zweitfahrzeug zur freien Verfügung steht.

Ebenso wenig darf ein Mietfahrzeug in Anspruch genommen werden, wenn der Geschädigte infolge des durch den Unfall verursachten Personenschadens nicht dazu in der Lage ist, das Fahrzeug auch tatsächlich zu benutzen.[316] Dabei muss aber stets geprüft werden, ob und inwieweit die konkrete Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit Einfluss auf die Fähigkeit genommen hat, einen Pkw sicher zu führen. Bei einer Verletzung der Halswirbelsäule muss dies zum Beispiel nicht zwangsläufig der Fall sein. Anders kann dies aber bei der Nutzung eines Motorrades sein.[317] Daneben ist zu beachten, dass sich der für einen Ersatz der Mietwagenkosten nötige Fahrbedarf bei einem krankheitsbedingten Fernbleiben vom Arbeitsplatz auf ein nicht mehr erstattungsfähiges Maß reduzieren kann.

 

Rz. 262

Muster 8.69: Ausgleich von Mietwagenkosten bei einer HWS-Verletzung

 

Muster 8.69: Ausgleich von Mietwagenkosten bei einer HWS-Verletzung

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

in vorbezeichneter Angelegenheit lehnten Sie den Ausgleich der geltend gemachten Mietwagenkosten mit der Begründung ab, mein Mandant sei von seinem Arzt krankgeschrieben worden, weshalb er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, ein Mietfahrzeug praktisch zu nutzen. Diese Schlussfolgerung ist jedoch nicht zutreffend. Ob ein Geschädigter dazu in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu führen, macht sich nicht daran fest, ob er krankgeschrieben wurde und deshalb nicht mehr arbeitsfähig ist. Entscheidend ist vielmehr der Umfang des konkreten Personenschadens. Der Fahrfähigkeit steht es grundsätzlich nicht entgegen, dass dem Geschädigten ärztlicherseits Bettruhe verordnet wurde (OLG Hamm NJW-RR 1994, 793). Zu prüfen ist vielmehr, ob der Geschädigte trotz seines Personenschadens das Fahrzeug noch führen kann.

Entgegen der von Ihnen vertretenen Auffassung war mein Mandant trotz des erlittenen HWS-Syndroms noch zum Führen eines Kraftfahrzeugs in der Lage. Ein sog. Schleudertrauma steht der Inanspruchnahme eines Mietfahrzeugs grundsätzlich nicht entgegen (LG Köln SP 2014, 198; AG Gießen zfs 1995, 453). Anhaltspunkte dafür, dass bei meinem Mandanten besondere Umstände vorgelegen haben, die bei einer HWS-Verletzung zugleich eine Fahruntüchtigkeit begründen, sind vorliegend nicht erkennbar. Damit unterliegt die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs der freien Entscheidung meines Mandanten.

Nach alledem habe ich Sie aufzufordern, die mit _________________________ EUR bezifferten Mietwagenkosten unverzüglich, spätestens jedoch bis zum

_________________________ (10-Tages-Frist)

auf das Ihnen bekannte Konto meines Mandanten auszugleichen. Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich meinem Mandanten die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe empfehlen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

[316] LG Köln SP 2014, 198; OLG Saarbrücken NJW-RR 2010, 1252; OLG Karlsruhe NZV 1994, 316.
[317] KG MDR 2007, 887.

2. Mietwagen bei Personenschaden und Nutzung durch nahe Angehörige

 

Rz. 263

Sofern der Geschädigte das Fahrzeug aus gesundheitlichen Gründen höchstpersönlich nicht führen kann, ist die Inanspruchnahme des Mietfahrzeugs nicht zu beanstanden, wenn das Fahrzeug regelmäßig von nahen Angehörigen benutzt wird[318] oder er sich von diesen während seines Krankschreibungszeitraumes chauffieren lässt.[319] Eine dem Mietwagenunternehmen zu zahlende Gebühr für einen zweiten Fahrer ist ebenfalls zu ersetzen, wenn das Unfallfahrzeug auch von einer weiteren Person genutzt wurde und ein Zweitfahrzeug nicht vorhanden ist.[320]

 

Rz. 264

Muster 8.70: Ausgleich von Mietwagenkosten bei Nutzung durch Angehörige

 

Muster 8.70: Ausgleich von Mietwagenkosten bei Nutzung durch Angehörige

_________________________ Versicherung AG

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Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom __...

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