Rz. 395

Muss ein Kraftfahrzeug unfallbedingt abgeschleppt werden, sind die dadurch verursachten Kosten grundsätzlich vom Schädiger zu erstatten.[541] Allerdings ist auch bei dieser Schadensposition die Pflicht zur Schadensminderung gemäß § 254 Abs. 2 BGB zu beachten. Der Geschädigte hat erforderlichenfalls noch am Schadensort zu prüfen bzw. prüfen zu lassen, ob die Abschleppkosten bei kleineren Schäden durch eine Behelfsreparatur vermieden werden können. Muss das Fahrzeug in jedem Fall abgeschleppt werden, beschränken sich die ausgleichsfähigen Kosten i.d.R. auf die Abschleppkosten zur nächstgelegenen (ggf. markengebundenen) Reparaturwerkstatt.[542] Darüber hinausgehende Abschleppkosten werden nur in Ausnahmefällen erstattet.[543] Im Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens sind Abschleppkosten aber auch für einen weiteren Transport an den Entsorger zu bezahlen.[544]

 

Rz. 396

Muster 8.107: Schadensminderungspflicht bei Abschleppkosten

 

Muster 8.107: Schadensminderungspflicht bei Abschleppkosten

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

in vorbezeichneter Schadensache zahlten Sie auf die mit _________________________ EUR bezifferten Abschleppkosten bislang lediglich _________________________ EUR. Die Abrechnung entspricht nicht der Sach- und Rechtslage.

Die angefallenen Abschleppkosten sind zu ersetzen und ein Verstoß meiner Mandantschaft gegen die Schadensminderungspflicht liegt nicht vor.

Ein Verstoß gegen § 254 Abs. 2 BGB läge nur dann vor, wenn bei einem postengenauen Vergleich durch das Abschleppen des Unfallfahrzeugs höhere Kosten verursacht wurden, als im Falle des Abschleppens zur nächstgelegenen Reparaturwerkstatt (OLG Köln VersR 1992, 719). Dies war jedoch nicht der Fall.

Der Unfallschaden trat auf der Fahrt von _________________________ nach _________________________ auf. An dem Fahrzeug wurde ein Reparaturschaden verursacht. Wären am Unfallort die erforderlichen Reparaturarbeiten zur Wiederherstellung der Fahrfähigkeit und Verkehrssicherheit durchgeführt worden, hätte dies einen Arbeitsaufwand von mehreren Tagen erfordert. Während dieser Zeit wären Übernachtungskosten angefallen, welche höher als die Abschleppkosten zum Wohnort meines Mandanten, zumindest aber nicht deutlich geringer gewesen wären. Darüber hinaus hätte das Unfallfahrzeug nach dem Abschluss der Reparaturarbeiten vom Unfallort zum Heimatort meines Mandanten verbracht werden müssen. Auch die dadurch verursachten Kosten hätten die Abschleppkosten bei weitem überschritten.

Das Abschleppen des Unfallfahrzeugs stellte die mit Abstand kostengünstigste Alternative dar. Zusammenfassend ist der gegen meinen Mandanten erhobene Vorwurf der Verletzung der Schadensminderungspflicht unbegründet. Der von ihm gewählte Weg zur Schadensbeseitigung stellte die günstigste Alternative dar. Demgemäß habe ich Sie aufzufordern, die ausstehende Forderung in Höhe von _________________________ unverzüglich, spätestens jedoch bis zum

_________________________ (10-Tages-Frist)

auf das Ihnen bekannte Konto meines Mandanten auszugleichen. Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich meinem Mandanten empfehlen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 397

Häufig sind die Abschleppfälle nach einem Verkehrsunfall dadurch gekennzeichnet, dass der Abschleppdienst erst einmal durch Dritte bzw. eine sog. Abschleppzentrale informiert wird und der Fahrzeugführer mit diesem vor Ort keine konkrete Vergütungsvereinbarung trifft. Erstattungsfähig sind dann die branchenüblichen Kosten, zu deren Schätzung in der Rechtsprechung[545] auf die alle 2 Jahre erfolgte Umfrage des Verbandes der Abschleppunternehmen (VBA e.V.) abgestellt wird. Nach dieser Umfrage ist die übliche Abrechnung dadurch gekennzeichnet, dass ein pauschaler Stundensatz für den Einsatz eines Abschleppfahrzeugs erfolgt, der auch den Einsatz des Fahrers und die Kilometerpauschale sowie leichte Aufräumarbeiten beinhaltet. Maßgeblich ist dann die angefallene Einsatzzeit, wobei der Einsatz mit der Abfahrt vom Hof beginnt und dem Abstellen des – ggf. gereinigten – Fahrzeugs endet. Je nach eingesetztem Fahrzeugtyp, wobei zwischen dem Pkw und Lkw Auftragsbereich unterschieden wird, ergibt sich ein jeweiliger Stundensatz, der i.d.R. zwischen 125 – 180 EUR liegt.

 

Rz. 398

Ein bei der in der Praxis zunehmenden Kontrolle durch die Haftpflichtversicherer häufig vergessener Punkt liegt in der Erhöhung des Stundensatzes wegen angefallener Überstunden.

 

Rz. 399

Muster 8.108: Zuschlag auf die Abschleppkosten wegen Überstunden

 

Muster 8.108: Zuschlag auf die Abschleppkosten wegen Überstunden

Selbst wenn zu Ihren Gunsten unterstellt wird, dass die Höhe der Abschleppkosten anhand der angeführten Umfrage des VBA zu bestimmen wären ist die vorgenommene Abrechnung zu korrigieren. ...

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