Rz. 82

Der Nachlass- bzw. Insolvenzverwalter muss die Vermögenssonderung faktisch herbeiführen, indem er den Nachlass in Besitz nimmt.

1. Auskunftsansprüche gegen den Erben

 

Rz. 83

Der Erbe hat hierzu Auskunft über den Stand des Nachlasses und Rechenschaft, § 666 BGB, abzulegen. Da es um die Herausgabe eines Inbegriffs an Gegenständen geht, hat der Erbe nach § 260 Abs. 1 BGB ein Verzeichnis über den Bestand des Nachlasses vorzulegen und ggf. an Eides Statt zu versichern, dass er den Bestand nach bestem Wissen angegeben hat, § 260 Abs. 2 BGB.[169]

 

Hinweis

Dennoch ist der Verwalter gehalten, selbst dem Nachlassgericht ein Nachlassverzeichnis vorzulegen, um seiner Verantwortlichkeit für die Verwaltung gegenüber den Gläubigern nach § 1985 Abs. 2 BGB nachzukommen.

[169] BGH, Urt. v. 20.6.1984 – I ZR 62/82, NJW 1984, 2882, 2824; BGH, Urt. v. 29.1.1985 – X ZR 54/83, NJW 1985, 1693, 1694; OLG Köln, Urt. v. 17.2.1989 – 20 U 103/88, NJW-RR 1989, 528; Sarres, ZEV 2008, 512.

2. Herausgabe des Nachlasses

 

Rz. 84

Der Erbe schuldet aus §§ 1978 Abs. 1 S. 1, 667 Alt. 1 BGB Herausgabe des Nachlasses. Dies erfasst zunächst die noch vorhandenen Nachlassgegenstände. In Bezug auf Surrogate gilt: Eine dingliche Surrogation findet gemäß § 2041 S. 1 BGB nur bei Miterben statt.[170] Beim Alleinerben ist dies nicht vorgesehen. Hier bestehen nach § 1978 BGB schuldrechtliche Ausgleichsansprüche.

 

Hinweis

Ob der Erbe kraft ausdrücklicher Vereinbarung Gegenstände mit dinglicher Wirkung für den Nachlass erwerben kann, hat der BGH[171] ausdrücklich offengelassen, es entspricht aber wohl der h.L. Im Übrigen bestehen über § 1978 Abs. 1 S. 1 BGB nur schuldrechtliche Ansprüche gegen den Erben. Auf diese Weise können Surrogate über §§ 1978 Abs. 1 S. 1, 667 Alt. 1, 285 Abs. 2 BGB mit herauszugeben sein oder gemäß §§ 1978 Abs. 1 S. 1, 667 Alt. 1, 280 BGB Wertersatz hierfür zu leisten sein.[172]

 

Rz. 85

Herauszugeben ist auch alles aus der "Geschäftsführung" Erlangte, §§ 1978, 667 Alt. 2 BGB, z.B. Urkunden, Belege, ersparte Aufwendungen etc.[173]

 

Rz. 86

Die Inbesitznahme des Nachlasses hat notfalls mittels Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den oder die Erben zu erfolgen: Während § 148 Abs. 2 InsO dem Insolvenzverwalter hierzu einen Titel an die Hand gibt, ist bei der Nachlassverwaltung streitig, ob der Anordnungsbeschluss selbst einen Titel i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO – zumindest für die Gegenstände, die unstreitig zum Nachlass gehören – darstellt,[174] oder ob der Nachlassverwalter zunächst Herausgabeklage zwecks Erlangung eines Titels erheben muss.[175] Schutz ist in letzterem Fall allein über die Sanktion des § 1978 Abs. 1 BGB (Schadensersatz) gegeben (siehe hierzu sogleich Rdn 87 ff.).

 

Hinweis

Dem Herausgabeanspruch kann der Erbe kein Zurückbehaltungsrecht wegen Ansprüchen nach §§ 1978 Abs. 3, 1979 BGB entgegensetzen. Auch besteht kein Vergütungsanspruch des Erben für die Verwaltung.[176]

[170] Löhnig, JA 2003, 990.
[172] Siehe i.E. BeckOGK/Herzog, § 1978 BGB Rn 36 ff.
[173] BeckOGK/Herzog, § 1978 BGB Rn 30 ff.
[174] FAKomm-ErbR/Löhnig, § 1985 BGB Rn 4; Erman/Horn, § 1985 BGB Rn 2.
[175] Grüneberg/Weidlich, § 1985 BGB Rn 5; NK-BGB/Krug, § 1985 BGB Rn 8.
[176] BGH, Urt. v. 29.4.1993 – IX ZR 215/92, NJW 1993, 1851.

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