Rz. 184

Ist die Vererblichkeit eines Gesellschaftsanteils an einer OHG nicht im Gesellschaftsvertrag bestimmt, so führt der Tod eines Gesellschafters nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern gemäß § 130 Abs. 3 Nr. 1 HGB zum Ausscheiden dieses Gesellschafters aus der weiter fortbestehenden Gesellschaft. Sein Abfindungsguthaben ist Teil des Nachlasses. Die Höhe des Abfindungsguthabens bestimmt sich nach den gesellschaftsrechtlichen Regeln,[20] orientiert sich also am Verkehrswert der Beteiligung.[21]

Wenn der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthält, dann wird die Gesellschaft mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt (siehe Rdn 185).

Bei einer BGB-Gesellschaft (GbR) führt der Tod eines Gesellschafters gemäß § 727 BGB zur Auflösung der Gesellschaft. Der Anteil des Verstorbenen an der entstandenen Abwicklungsgesellschaft geht auf den Erben über. Bei Miterben fällt der Anteil in den gesamthänderisch gebundenen Nachlass, an dem ein Minderjähriger beteiligt sein mag, der durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten wird. Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt sein, dass die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst ist. Dann besteht die Gesellschaft nach dem Tod eines Gesellschafters (mit den verbliebenen Gesellschaftern) weiter. Die Erben des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters erben das Abfindungsguthaben des Ausgeschiedenen, gerade so wie bei der OHG. Der Gesellschaftsvertrag kann aber auch eine sog. Nachfolgeklausel enthalten (siehe Rdn 185).

 

Rz. 185

Wenn die Vererblichkeit der Beteiligung eines Gesellschafters einer OHG, einer GbR oder eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KG im Gesellschaftsvertrag durch eine sog. Nachfolgeklausel bestimmt ist, so geht die Beteiligung desverstorbenen Gesellschafters – im Wege der Sondererbfolge – auf den Erben über. Bei Miterben spaltet sich der Anteil auf und geht zu einem Teil – entsprechend der Erbquote[22] – auf diese über. Bei einer GbR gilt das Gleiche. Enthält der Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Nachfolgeklausel, so geht die Beteiligung als Ganzes auf denjenigen Miterben allein über,[23] der entsprechend der gesellschaftsvertraglichen Klausel in der Verfügung von Todes wegen benannt ist. Die anderen Miterben werden beim Erbfall zu keinem Zeitpunkt an der Gesellschaft beteiligt. Die Beteiligung fällt also in keinem Fall in den gesamthänderisch gebundenen Nachlass. Eine familiengerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB ist nicht vorgesehen, wenn ein Minderjähriger aufgrund einer Nachfolgeklausel Gesellschafter wird, da es sich nicht um einen entgeltlichen Erwerb handelt.

 

Rz. 186

Der Minderjährige, der im Wege der Sondererbfolge Nachfolger der Beteiligung des Erblassers, eines Gesellschafters einer OHG oder einer GbR, geworden ist, wird auch in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten. Dieser wird nicht selten auch selbst Gesellschafter sein.

 

Beispiel

Der Großvater mütterlicherseits sowie Mutter und Vater sind zu je einem Drittel Gesellschafter einer OHG, die die Beteiligungen durch eine Nachfolgeklausel vererblich gestellt hat. Der Großvater stirbt. Seine Beteiligung geht aufgrund der Verfügung von Todes wegen je zur Hälfte auf seine beiden minderjährigen Enkel über. Die Kinder werden jeweils von beiden Eltern vertreten. Der restliche Nachlass des Großvaters geht aufgrund der Verfügung von Todes wegen auch auf seine beiden Enkel über. Sie sind Miterben zu je ½.

Die Enkel sind kraft Sondererbfolge je zu 1/6 am Unternehmen beteiligt. Der Restnachlass gehört beiden Enkeln, er ist aber – anders als Gesellschaftsbeteiligung – gesamthänderisch gebunden.

 

Rz. 187

Wie regelt sich nun die Vertretung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten mit Rücksicht auf §§ 1629, 1795, 181 BGB? Bei Beschlussfassungen in laufenden Angelegenheiten wendet die heutige h.M. §§ 1629, 181, 1795 BGB nicht an.[24] Begründet wird diese teleologische Reduktion des Wortlautes der genannten Vorschriften mit dem fehlenden Interessengegensatz: die Vorschriften wollen nur bei bestehendem Interessengegensatz eingreifen. In laufenden Angelegenheiten, also Maßnahmen der Geschäftsführung, wollen alle Gesellschafter das Wohl der Gesellschaft (vgl. Rdn 177). Dass die Gesellschafter verschiedener Ansicht hinsichtlich des zu verfolgenden Weges zum Wohl der Gesellschaft sind, sei kein Interessengegensatz i.S.d. genannten Vorschriften, z.B. § 181 BGB.[25]

 

Rz. 188

Bei Beschlussfassungen der Gesellschafter über Änderungen des Gesellschaftsvertrages müssen die Beschränkungen der §§ 1629, 1795, 181 BGB hingegen beachtet werden.[26] Begründet wird die Anwendbarkeit z.B. des § 181 BGB hier damit, dass die Gesellschafter entgegengesetzte Interessen haben können, sodass eine Mehrvertretung durch den gesetzlichen Vertreter unzulässig ist. Die Konsequenz ist, dass in der Familiengesellschaft für jeden Minderjährigen ein besonderer Pfleger für den Komplex "eventuelle Änderung des Gesellschaftsvertrags" zu b...

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