Rz. 172

Ist der Minderjährige Alleinerbe eines Einzelkaufmanns, so werden seine Eltern als gesetzliche Vertreter darüber nachdenken, ob sie das Geschäft einstellen oder weiterführen. Im letztgenannten Fall ist der Minderjährige dann Kaufmann. Die Entscheidung des gesetzlichen Vertreters bedarf keiner Genehmigung des Familiengerichts, denn § 1645 BGB erfasst nur den Beginn eines Erwerbsgeschäfts, § 1823 BGB gilt nur für den Vormund bzw. Pfleger.

 

Rz. 173

Ist der Minderjährige Miterbe eines Einzelkaufmanns, so kann die Erbengemeinschaft das Unternehmen unbeschränkt lange als Erbengemeinschaft fortführen, ohne einen förmlichen Fortführungsbeschluss zu fassen.[1] In der Duldung dessen, dass einer der Miterben das Geschäft "einfach" weiter betreibt, liegt freilich bereits eine stillschweigende Bevollmächtigung zur Fortführung (siehe Rdn 174).[2] Wird ein "förmlicher" Fortsetzungsbeschluss gefasst, so liegt darin nach h.M. gerade kein Abschluss eines Vertrages über die Gründung einer OHG, denn die Miterben wollen gerade keine Gesellschaft gründen;[3] auch fehlt es an einer dahingehenden Beschlussfassung.

 

Rz. 174

Bei der (förmlichen) Beschlussfassung über die Fortsetzung der Erbgemeinschaft können Eltern ihre Kinder nicht vertreten, wenn sie selbst, wenn andere Kinder oder wenn ihre gradlinigen Verwandten oder ihr Ehegatte auch an der Erbengemeinschaft beteiligt sind, weil sie untereinander rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben (§§ 1629, 181, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB) – gerade so wie bei einer OHG (siehe Rdn 176).

Wird kein Beschluss gefasst, sondern einfach das Handelsgeschäft des Erblassers von allen oder einigen Erben fortgeführt – was in der Praxis die Regel ist: Prokurist und Angestellte arbeiten einfach weiter –, so liegt im Dulden der schlichten Fortführung des Handelsgeschäfts durch die Miterben – auch durch den gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen – eine Bevollmächtigung zur Verwaltung dieses Teils des Nachlasses. Es handelt sich – wie bei der Verwaltung des restlichen Nachlasses – allgemein um gleichgerichtete Erklärungen der Miterben, so dass die §§ 181, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht eingreifen (siehe Rdn 231), denn die Zustimmung zur Fortführung durch einige Miterben ist ein Verwaltungshandeln. Die Erteilung einer Vollmacht – außer der Prokura nach § 1822 Nr. 11 BGB – ist nach § 1822 BGB nicht genehmigungspflichtig.

 

Rz. 175

Im förmlichen Beschluss, das Unternehmen in Miterbengemeinschaft auf bestimmte oder unbestimmte Zeit weiterzuführen (fortgesetzte Erbengemeinschaft), liegt ein partieller Ausschluss des Anspruchs auf jederzeitige Auseinandersetzung (§ 2042 BGB). Bei der heute gebotenen engen, dem Gesetzeswortlaut folgenden Auslegung der §§ 1821, 1822 BGB[4] wird man den Beschluss über den Ausschluss der Auseinandersetzung nicht als einen Erbteilungsvertrag i.S.d. § 1822 Nr. 3 BGB ansehen können (vgl. Rdn 30 ff.), so dass eine familiengerichtliche Genehmigung auch dann nicht notwendig ist, wenn nicht die Eltern, sondern ein Pfleger (siehe Rdn 173) den Minderjährigen bei einer solchen Beschlussfassung vertritt.[5] Eltern oder Pfleger bedürfen dazu keiner familiengerichtlichen Genehmigung (vgl. §§ 1643, 1822 Nr. 2 BGB). Dem Schutz des Minderjährigen dient § 1629a BGB.

Der Beschluss, das einzelkaufmännische Unternehmen in Miterbengemeinschaft weiterzuführen, muss einstimmig erfolgen, weil es sich um keine Verwaltungsmaßnahme i.S.d. §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB handelt.

 

Rz. 176

Beschließen die Miterben, das ererbte Handelsgeschäft als eine OHG weiterzuführen, so können Eltern ein minderjähriges Kind bei der Beschlussfassung über die Gründung dann nicht vertreten, wenn sie selbst auch Miterben sind oder wenn sie zugleich andere minderjährige Miterben vertreten (§ 181 BGB). Denn es handelt sich nicht wie bei der Verwaltung des Nachlasses um gleichgerichtete Willenserklärungen (siehe Rdn 229), sondern, ebenso wie bei der Auseinandersetzung des Nachlasses, um Erklärungen gegenüber den anderen Miterben (siehe Rdn 316). Entsprechendes gilt, wenn einer ihrer Verwandten in gerader Linie oder ein Ehegatte des gesetzlichen Vertreters Gesellschafter werden soll (§§ 1629, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Gehört z.B. die Großmutter des Kindes, deren Tochter neben ihrem Ehemann die gesetzliche Vertretung des Kindes innehat, zu den Miterben, so kann die Mutter ihr Kind nicht bei der Beschlussfassung über die Gründung der Gesellschaft vertreten. Im vorgenannten Beispiel ist der Vater des Minderjährigen auch von der Vertretung ausgeschlossen, er ist nicht etwa insoweit alleiniger Vertreter des Kindes. Es muss in diesen Fällen jedes minderjährige Kind durch einen Ergänzungspfleger (§ 1909 Abs. 1 S. 1 BGB) vertreten werden. Der Vertrag über die Gründung einer OHG bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB.

 

Rz. 177

Führen die Miterben das einzelkaufmännische Unternehmen in Erbengemeinschaft fort – gleichgültig, ob sie die alte Firma beibehalten (§ 22 Abs. 1 HGB) oder ob sie eine neue Firma annehmen –, so muss der Re...

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