Rz. 26
Auch wenn der Erbscheinsantragsteller nicht in der Lage ist, die erforderlichen urkundlichen Nachweise beizubringen, eröffnet ihm § 352 Abs. 3 S. 2 FamFG die Möglichkeit, den Nachweis des Erbrechts durch sonstige Beweismittel zu führen. Dies insbesondere nicht nur dann, wenn Urkunden nicht beschaffbar sind, sondern bereits auch dann, wenn diese nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen wären. So kommt als anderes Beweismittel der Beweis durch Zeugen, eidesstattliche Versicherungen oder auch sonstige (nichtöffentliche) Urkunden, wie Ahnenpässe oder Taufscheine in Betracht.[38]
Rz. 27
Grundsätzlich müssen die anderen Beweismittel ähnlich klare und verlässliche Folgerungen ermöglichen wie eine öffentliche Urkunde. Sind die Bemühungen des Antragstellers zur Vorlage notwendiger Beweisurkunden für sein Erbrecht erfolglos geblieben und hat er alles ihm Zumutbare unternommen, kann der Erbschein aber nicht mangels Urkundenbeweis zurückgewiesen werden.[39] Letztlich handelt es sich also hier um einen Ermessensspielraum des Nachlassgerichts und damit um eine Ausprägung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, z.B. wenn für die Beschaffung der Urkunden voraussichtlich 20 Monate benötigt werden, der Erbe fortgeschrittenen Alters ist und der Nachlass dagegen nur geringeren Wert hat.[40] Daraus folgt, dass bei sehr werthaltigen Nachlässen dem Erben (oder dem Nachlasspfleger, wenn er für die Erben tätig werden will) durchaus anzuraten ist, z.B. einen professionellen Erbenermittler zur Beschaffung von Urkunden aus dem Ausland zu beauftragen, wenn dies der Erbe nicht selbst vermag und der damit verbundene Aufwand im Hinblick auf den Nachlasswert verhältnismäßig ist.
Sind hingegen die Voraussetzungen gegeben, kommen als sonstige Beweismittel in Betracht:
▪ | Sonstige Urkunden, die mit ausreichender Sicherheit Angaben über den Personenstandsfall enthalten, z.B. die nicht als Gegenstand der Personenstandsbeurkundung aufgefassten sonstigen Eintragungen in Personenstandsbüchern und -urkunden |
▪ | der Zweite Teil des Familienbuchs nach dem Personenstandsgesetz 1937 |
▪ | die Anzeige des Todesfalls durch das Standesamt an das eine Verfügung von Todes wegen verwahrende Nachlassgericht oder Notariat |
▪ | die Mitteilungen der betreffenden Dienststellen für Kriegsteilnehmer der beiden Weltkriege |
▪ | im Einzelfall auch Ahnenpässe und Taufscheine |
▪ | darüber hinaus in besonders gelagerten Einzelfällen Zeugenaussagen |
▪ | und schließlich nach umstrittener Auffassung eidesstattliche Versicherungen Dritter.[41] |
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