Rz. 580

Während eines anhängigen Rechtsstreits kommt bei drei Sachverhaltsvarianten ein selbstständiges Beweisverfahren in Betracht:

(1) Mit Zustimmung des Antragsgegners oder
(2) bei Besorgnis des Verlusts eines Beweismittels oder
(3) bei Besorgnis der Erschwerung der Benutzung eines Beweismittels

kann

die Einnahme eines Augenscheins
die Vernehmung von Zeugen oder
die Einholung eines Sachverständigengutachtens

angeordnet werden.

aa) Beweiserhebung mit Zustimmung des Gegners

 

Rz. 581

Die Variante, dass der Gegner mit einer Beweiserhebung einverstanden ist (§ 485 Abs. 1 ZPO), kommt in der Praxis nur selten vor. Die erteilte Zustimmung ist eine Prozesshandlung und deshalb weder widerruflich noch anfechtbar. Bei unbekanntem Gegner kann zwar gem. § 494 ZPO eine Beweiserhebung angeordnet werden, ein Einvernehmen scheidet jedoch in diesem Falle aus.[712]

[712] Ulrich, AnwBl 2003, 26, 28.

bb) Drohender Verlust von Beweismitteln oder Erschwerung ihrer Benutzung

 

Rz. 582

Der Verlust eines Beweismittels kann aus persönlichen Gründen in Betracht kommen, etwa

bei hohem Alter eines Zeugen
bei schwerer Erkrankung oder auch
bei einem längeren Auslandsaufenthalt.

Aber auch rein tatsächliche Gegebenheiten können eine unverzügliche Beweiserhebung erforderlich machen, etwa bei der Feststellung des Zustands einer Sache die Veränderung des maßgeblichen Umstandes, also der Zustand zu bestimmten Zeitpunkten bzw. Zeitabschnitten. Das Vorliegen dieser Voraussetzung kann beim Erfordernis des Rechtsschutzinteresses geprüft werden. Es reicht aus, wenn eine maßgebliche Veränderung offensichtlich nicht fern liegt.[713]

[713] OLG Hamm OLGR 1998, 103.

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