Rz. 165

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass auch im Zivilprozess trotz des dort herrschenden Beibringungsgrundsatzes ein Sachverständigengutachten von Amts wegen eingeholt werden kann, also ohne Antrag der beweispflichtigen Partei, §§ 144, 403, 442, 358a ZPO.[209] Insofern nähert sich der Zivilprozess bei entsprechendem Sachvortrag der Parteien dem Amtsermittlungsgrundsatz des Erbscheinsverfahrens (dort § 26 FamFG). Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es nach § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO ein Sachverständigengutachten ohne Antrag des Beweispflichtigen von Amts wegen einholt; dies befreit die Partei jedoch nicht von ihrer Darlegungs- und Beweislast.[210] Die Anwendung der Beweislastregeln zur Streitentscheidung stellt eine ultima ratio dar, die erst dann zum Tragen kommt, wenn und soweit das Gericht alle zulässigen Beweismöglichkeiten ohne Erfolg ausgeschöpft hat und weitere Feststellungen nicht mehr möglich erscheinen.[211]

 

Rz. 166

Im Hinblick auf das Erfordernis eines Schriftsachverständigengutachtens beim Einwand der Fälschung des Testaments muss der Beweisbelastete dafür sorgen, dass dem Sachverständigen ein Schriftstück mit einer Vergleichsschrift, die zuverlässig vom Erblasser stammt, zur Verfügung gestellt wird. Dafür reichen auch Schriftstücke, die lange Zeit vor der Errichtung des umstrittenen Testaments angefertigt wurden, bspw. Schulhefte des Erblassers. Zur Schriftvergleichung siehe § 442 ZPO.[212]

[209] BGH NJW 1962, 1770; Zöller/Greger, § 403 ZPO Rn 1.
[212] Vgl. auch BGH NJW 1982, 2874 = MDR 1983, 35; BGH NJW 1993, 539.

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