Rz. 625

Das hohe Alter eines Zeugen (in dem vom OLG Nürnberg entschiedenen Fall: 84 Jahre) begründet die Besorgnis, dass das Beweismittel verloren geht, und rechtfertigt die Sicherung des Beweises durch ein selbstständiges Beweisverfahren.

Fall des OLG Nürnberg:[771]

Es ging um einen Zugewinnausgleichsanspruch, der vorprozessual von der geschiedenen Ehefrau verlangt wurde und bei dem der Ehemann behauptete, er habe von seinem Vater Geldzuwendungen in Höhe von rd. 230.000 DM während der Ehe erhalten, die dem Anfangsvermögen zuzurechnen seien und damit zu keinem Zugewinnausgleichsanspruch der geschiedenen Ehefrau führten.

Der Ehemann hat die Zeugenvernehmung seines Vaters zu den behaupteten Geldzuwendungen im selbstständigen Beweisverfahren beantragt und vorgetragen, der Zeuge sei hochbetagt (84 Jahre) und es drohe eine kontinuierliche und deutliche Verschlechterung von dessen Gesundheitszustand. Durch die Vorabklärung der Beweisfrage könne ein Hauptsacheprozess vermieden werden. Zur Glaubhaftmachung des Gesundheitszustandes hat er ein Attest des behandelnden Arztes des Vaters vorgelegt.

Dazu das OLG Nürnberg:[772]

Zitat

"Allein das hohe Alter des Zeugen, der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung 84 Jahre war, rechtfertigt schon die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens (KG JurBüro 77, 1627). Bei Menschen, die in einem hohen, gegenüber der gewöhnlichen Lebensdauer sehr hohen Alter stehen, was auch heutzutage bei 84 Jahren der Fall ist, ist die Gefahr eines plötzlichen und unerwarteten Todes auch ohne erkennbare Krankheit, BayObLG Seuff. Archiv Nr. 51, 236, und damit der unvermittelte Verlust des Beweismittels in der Zukunft, oder aber die Möglichkeit einer schweren Erkrankung wie Schlaganfall oder dergleichen, und damit die Erschwerung der Benutzung des Beweismittels, nicht selten. Die Frage, ob ein Grund zur Besorgnis i.S.v. § 485 I ZPO vorliegt, kann dann aber bei pflichtgemäßer Ausübung des richterlichen Ermessens nur positiv beantwortet werden. Auf eine Glaubhaftmachung, wie vom Erstgericht gefordert, kommt es nicht an. Im übrigen kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass neben dem hohen Alter des Zeugen hier auch ein kontinuierlich und deutlich verschlechterter Gesundheitszustand und deutliche Altersabbauerscheinungen vorliegen, so dass das Gesamtbild zu besonderer Besorgnis Anlass gibt."

[771] OLG Nürnberg NJW-RR 1998, 575 = MDR 1997, 594.
[772] OLG Nürnberg NJW-RR 1998, 575 = MDR 1997, 594.

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