a) Allgemeines

 

Rz. 108

In persönlicher Hinsicht kann nur gegenüber Abkömmlingen (ehelichen wie nichtehelichen, gleich welchen Grades) die Pflichtteilsbeschränkung angeordnet werden. Nicht möglich ist dies aber gegenüber dem Ehegatten oder den pflichtteilsberechtigten Eltern; werden ihnen gegenüber solche Belastungen verfügt, so greifen die allgemeinen Vorschriften der §§ 2306, 2307 BGB ohne weitere Beschränkungen ein.

 

Rz. 109

Anordnungsgründe sind nur die Verschwendung oder die Überschuldung. Auf andere Gründe (Drogen- oder Trunksucht, geistige Behinderung) kann die Pflichtteilsbeschränkung nicht gestützt werden, mögen diese den Erhalt des Nachlasses im Familienbesitz auch genauso gefährden; nach ganz h.M. ist § 2338 BGB als Ausnahmevorschrift mit seinem eng begrenzten Normzweck nicht analogiefähig.[292] Die Verschwendung oder Überschuldung muss objektiv vorliegen; auf die subjektiven Vorstellungen des Erblassers, aber auch des von der Beschränkung betroffenen Pflichtteilsberechtigten kommt es nicht an.[293] Mit der zwingenden Natur des Pflichtteilsrechts ist es nicht vereinbar, wenn der Erblasser die in § 2338 BGB genannten Anordnungen wirksam treffen könnte, obgleich deren Voraussetzungen nicht vorliegen, etwa weil ein geringer Grad von Verschwendung vorliegt;[294] tut er dies dennoch, so greift der sonst von § 2338 BGB verdrängte § 2306 BGB ein (siehe Rdn 130 ff.).

[292] KG OLGE 21, 345; MüKo-BGB/Lange, § 2338 Rn 10; für rechtspolitische Erweiterung Baumann, ZEV 1996, 121, 127.
[293] Gottwald, § 2338 Rn 3.
[294] Staudinger/Olshausen, § 2338 Rn 8.

b) Verschwendung

 

Rz. 110

Verschwendung setzt eine Lebensweise mit einem Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung voraus.[295] Es muss ein triftiger Grund für die Annahme bestehen, der Abkömmling werde das ihm zugewandte Vermögen ganz oder wenigstens teilweise vergeuden, so dass von einer erheblichen Gefahr für den späteren Erwerb auszugehen ist.[296]

[295] Baumann, ZEV 1996, 121, 122.
[296] Gottwald, § 2338 Rn 3; MüKo-BGB/Lange, § 2338 Rn 6.

c) Überschuldung

 

Rz. 111

Überschuldung des Abkömmlings liegt vor, wenn seine Verbindlichkeiten sein Aktivvermögen übersteigen (vgl. §§ 11, 19 Abs. 2, 320 InsO).[297] Die bloße Zahlungsunfähigkeit oder die Insolvenzeröffnung genügt nicht.[298] Ohne Bedeutung ist die Ursache der Überschuldung.

[297] Soergel/Dieckmann, § 2338 Rn 5; MüKo-BGB/Lange, § 2338 Rn 7.
[298] OLG Düsseldorf ZEV 2011, 310 = FamRZ 2011, 1824; BeckOGK BGB/Rudy, § 2338 Rn 10.

d) Gefährdung des späteren Erwerbs

 

Rz. 112

Weiter ist erforderlich, dass durch die Verschwendung oder Überschuldung der spätere Erwerb erheblich gefährdet wird. Objekt der Gefährdung kann nur der Erb- oder Pflichtteil des Abkömmlings sein, da ja auch nur dieser durch die Anordnungen geschützt werden kann.[299] Eine erhebliche Gefährdung liegt dann vor, wenn nach objektiven Gesichtspunkten zu erwarten ist, dass der Erwerb wieder verloren geht, weil entweder die Gläubiger des Abkömmlings diesen pfänden und verwerten werden oder weil der Abkömmling ihn selbst vergeuden wird. Eine konkrete Gefahr dieser Art muss aber noch nicht eingetreten sein; vielmehr ist auch hier die im Sicherheitsrecht gebräuchliche Unterscheidung zwischen der abstrakten Gefährdung und der konkreten Gefahr zu machen, wobei die Gefährdung genügt. Die Verlustgefahr kann sich auch aus einer Kumulation der Gefährdungsmomente ergeben, wenn erst Verschwendung und Verschuldung, die für sich noch keine Überschuldung ist, zusammen den Erwerb erheblich gefährden.[300]

[299] So MüKo-BGB/Lange, § 2338 Rn 8; Kuhn, ZEV 2011, 288, 290; Klinger, NJW-Spezial 2006, 397; wohl auch Damrau/Tanck/Riedel, § 2338 Rn 7. A.A. aber Gottwald, § 2338 Rn 5; i.E. auch anders Baumann, ZEV 1996, 121, 123 wegen des Normzwecks des Familienerhalts.
[300] Staudinger/Olshausen, § 2338 Rn 9.

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