Rz. 68

Aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweisbarkeit verlangt das Gesetz hinsichtlich Form und Inhalt der Entziehungserklärung die Erfüllung von bestimmten Anforderungen. Hieran hat sich durch die Reform des Pflichtteilsrechts nichts Grundsätzliches geändert. Die Beachtung der Formvorschriften wird von den Instanzgerichten mitunter überspannt – offenbar, um eine inhaltliche Prüfung des Vorliegens der Entziehungsgründe zu vermeiden.[195] Die Pflichtteilsentziehung scheitert daher oftmals nicht nur wegen des knappen Katalogs der Entziehungsgründe, sondern vor allem auch wegen der zu streng verstandenen formalen Vorgaben.[196]

 

Rz. 69

Als Gestaltungsrecht muss die Pflichtteilsentziehung in der Form einer letztwilligen Verfügung (§ 1937 BGB) erklärt werden, ist aber ansonsten in allen Testamentsformen möglich (u.U. Nottestament, §§ 2249 ff. BGB), auch in einem gemeinschaftlichen Testament (§§ 2265 ff. BGB, dort aber nicht wechselbezüglich). In einem Erbvertrag kann die Pflichtteilsentziehung als einseitige Verfügung (§ 2299 BGB), nicht aber als vertragsmäßige erfolgen (vgl. § 2278 Abs. 2 BGB); wurde sie fälschlicherweise als erbvertragsmäßige bezeichnet, so handelt es sich um eine unschädliche Falschbezeichnung.[197]

[195] So auch Soergel/Dieckmann, vor § 2333 Rn 3.
[196] Dazu bereits Lange, AcP 204 (2001), 804, 818 ff.; Martiny, S. A 61 ff.; S. A 11, A 103; Arnhold, Hereditare 1, (2011), 37, 46; besonders plastisch spricht Soergel/Dieckmann, Vor §§ 2333 ff. Rn 2 davon, dass es zu einer praktischen Wirkungslosigkeit bzw. gesellschaftlicher Bedeutungsarmut des Entziehungsrechts kraft Richterrechts gekommen sei.
[197] Im Ergebnis ebenso BGH FamRZ 1961, 437, MüKo-BGB/Lange, § 2336 Rn 1, Gottwald, § 2336 Rn 2, die aber Umdeutung (§ 140 BGB) vornehmen.

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