Rz. 98

Nach § 44 Abs. 1 S. 1 und § 45 Abs. 2 FamGKG sind die Kindschaftssachen als ein gebührenrechtlicher Gegenstand zu bewerten, auch wenn mehrere Kinder betroffen sind. Diese Regelung stellt eine gesetzliche Fiktion dar. Wird elterliche Sorge für drei Kinder beantragt, liegen eigentlich gebührenrechtlich drei Gegenstände vor, nämlich das elterliche Sorgeverhältnis für jeweils ein Kind.

 

Rz. 99

Es war schon bisher umstritten, ob die Tatsache, dass es um mehrere Kinder ging, bereits für sich allein zu einer Erhöhung des Regelwertes (damals § 30 Abs. 2 KostO, jetzt §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 FamGKG) führt oder ob für die mehreren Kinder verschiedene Regelungen mit verschiedener Argumentation angestrebt werden, also "Mehrarbeit" durch die Mehrheit der Kinder entstanden sein muss.[146] Die Anhänger einer regelmäßigen Erhöhung stellten auf die Bedeutung der Sache ab, die eben bei mehreren Kindern größer ist als bei nur einem – eine Begründung, die sich durchaus hören lässt. Ist elterliche Sorge/Aufenthaltsbestimmungsrecht, Umgangsrecht, Herausgabe für mehrere Kinder im Verfahren und wird eine Einigung nur für einen Teil dieser Kinder getroffen, ist die Frage, ob der Wert – in der Regel 3.000,00 EUR – anteilig auf die Kinder zu verteilen ist und hieraus die Einigungsgebühr errechnet wird, oder ob der Wert gem. § 45 FamGKG von regelmäßig 3.000,00 EUR (oder ein entsprechend höherer oder niedrigerer Wert) schon dann in voller Höhe angefallen ist, wenn auch nur für ein Kind eine solche Einigung zustande kommt (der dann allerdings, wenn Einigungen für weitere Kinder nachfolgen, nur noch unter dem Gesichtspunkt des § 45 Abs. 3 FamGKG erhöht wird). M.E. ist Letzteres der Fall, eben weil der Wert von 3.000,00 EUR schon bei einem einzigen Kind gilt.[147] Sollen mehrere Teilbereiche der elterlichen Sorge geregelt werden (z.B. Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge) ist nur ein Wert festzusetzen, also 3.000,00 EUR Regelwert,[148] wobei aber an eine Erhöhung gem. § 45 Abs. 3 FamGKG zu denken ist. Anders ist die Bewertung, wenn sich die Teilbereiche einerseits auf die elterliche Sorge (z.B. Teilbereich Aufenthaltsbestimmung) und andererseits Umgangsrecht (z.B. Ferienregelung) beziehen. Dann sind zwei Gegenstände betroffen, von denen jeder mit 3.000,00 EUR +/– für alle betroffenen Kinder zusammen zu bewerten ist.[149] Dann liegen mehrere gebührenrechtliche Gegenstände vor.[150] Eine Kürzung der 3.000,00 EUR um ⅓ hat das Kammergericht angenommen, wenn nur ein untergeordneter Einzelaspekt des Umgangs im Streit steht, der Sachverhalt einfach gelagert ist und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern beengt sind. An die Herabsetzung des Regelwertes werden zu Recht strenge Voraussetzungen geknüpft.[151]

[146] In diesen Fällen wurde bisher schon der Regelwert erhöht. Das OLG Bamberg JurBüro 1988, 1008, erhöht "allenfalls" den Ausgangswert, das OLG Celle JurBüro 1983, 429; 1982, 1710, erhöht im isolierten Verfahren um 1.500,00 DM für jedes weitere Kind, auch ohne Mehraufwand. Das OLG Düsseldorf AnwBl. 1985, 262, erhöht im isolierten Verfahren um 1.500,00 DM für jedes weitere Kind und ließ offen, ob Mehrarbeit erforderlich ist oder nicht für die Erhöhung. OLG Köln AGS 1994, 77 (m. Anm. Madert) erhöhte ebenfalls, ohne dass Mehrarbeit gefordert wurde.
[147] A.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 1000 Rn 145 (Quotelung).
[148] OLG Hamm AGS 2013, 585; zutreffend OLG Celle FamRZ 2012, 1746 = AGS 2012, 421 mit dem Verweis auf Erhöhung gem. § 45 Abs. 3 FamGKG; OLG Naumburg AGS 2009, 82.
[149] OLG Schleswig, Beschl. v. 12.2.2014 – 15 WF 410/13, BeckRS 2014, 05593, NZFam 2014, 470.
[150] Vgl. Anm. Thiel zu OLG Hamm AGS 2013, 585.
[151] KG AGS 2011, 199 m. Anm. Thiel, die zu Recht darauf hinweist, dass die 3.000,00 EUR schon aus sozialen Gründen so niedrig gehalten sind und dass dieser Umstand nicht doppelt verwertet werden darf. Nach OLG Brandenburg FamRZ 2013, 724 ist der Wert deutlich unter Regelwert, wenn nur einzelne Teilbereiche erfasst sind und es sich um einen deutlich unterdurchschnittlichen Fall handelt; das OLG Celle FamRZ 2012, 1748 betont ebenfalls, dass bei einer besonders ins Auge fallenden Abweichung vom Durchschnitt unter Regelwert angesetzt werden kann.

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