Rz. 167

Scheidungsantrag und Scheidungswiderantrag sind derselbe gebührenrechtliche Gegenstand, wenn sie im gleichen Verfahren geltend gemacht werden, die Werte werden also nicht zusammengezählt (§ 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG).[246] Sind zwei getrennte Verfahren eingeleitet, sind es bis zur Verbindung zwei Angelegenheiten.[247] Stehen sich der Antrag auf Ehescheidung und auf Eheaufhebung als Antrag und Widerantrag gegenüber, handelt es sich um zwei Gegenstände, deren Werte zusammenzurechnen sind. (str.)[248]

Ein anderer Fall ist in der öfter zitierten Entscheidung des OLG München angesprochen.[249] In diesem Fall hatte der Antragsteller Eheaufhebung, hilfsweise Ehescheidung beantragt. Da die Aufhebungsgründe nicht erwiesen werden konnten, nahm er den Aufhebungsantrag zurück und stellte den Scheidungsantrag. Für diesen Fall nahm das OLG München einen prozessualen Gegenstand an (weil die Anträge nacheinander und nicht nebeneinander gestellt wurden). Dieser Gesichtspunkt ergibt sich aber aus § 5 ZPO, der aber nicht für den Gebührenwert gilt. Beim übergang vom Eheaufhebungsantrag zum Ehescheidungsantrag liegt gebührenrechtlich eine Angelegenheit vor; streitig ist insoweit, ob zwei Gegenstände vorliegen oder ob nur ein Gegenstand zu bewerten und anzusetzen ist.[250] M.E. sind es zwei Gegenstände.

Die Gegenmeinung – nur ein Gegenstand – beruft sich zu Unrecht darauf, dass das gleiche Interesse – Lösung der ehelichen Bindung – vorliege; es wird übersehen, dass sich das Interesse durchaus auf die unterschiedlichen Folgen dieser Lösung richtet.

 

Rz. 168

Ist der Wert von Scheidungsantrag und Scheidungswiderantrag unterschiedlich hoch (z.B. weil sich die Einkommens-/Vermögensverhältnisse geändert haben), gilt der höhere Wert (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG).

[246] HK-FamGKG/Thiel, Verfahrens-ABC Rn 277; Gerold/Schmidt/Mayer, § 15 Rn 45.
[247] Nach Madert/Müller-Rabe/Madert, (B Rn 24) gilt das nur, wenn die Verfahren bei verschiedenen Gerichten anhängig gemacht wurden; dagegen Gerold/Schmidt/Mayer, § 15 Rn 51 (eine Angelegenheit erst ab Verbindung der Verfahren).
[248] Zutreffend wird von zwei Gegenständen ausgegangen: OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 255 m.w.N.; HK-FamGKG/N. Schneider, § 39 Rn 10 und HK-FamGKG/Volpert, § 14 Rn 74; Herget/Schneider/Thiel, Rn 7132; a.A. (nur ein Gegenstand) KG FamRZ 2011, 667 (das Ziel beider Anträge sei auf das gleiche Interesse = Lösung der ehelichen Bindung gerichtet – das ist unzutreffend; das "Interesse" richtet sich auch auf die durchaus unterschiedlichen Folgen der "Lösung der ehelichen Bindung!").
[249] Hierzu OLG München JurBüro 1995, 138; ebenso KG FamRZ 2011, 667: Beide Gerichte betonen, dass eine Angelegenheit vorliegt, was ohnehin klar ist, weil es sich um ein Gerichtsverfahren handelt (für eine Angelegenheit auch Gerold/Schmidt/Mayer, § 15 Rn 51) – die Frage ist aber, ob es zwei Gegenstände sind, was wegen der verschiedenen Folgen, einerseits der Scheidung, andererseits der Aufhebung zu bejahen ist; ebenso Schneider/Herget/Thiel, Rn 7131 f. (zwei Werte, zusammenzuzählen).
[250] Gegen die Addition Keske, Kap. 17 Rn 33 m.w.N.; wie hier OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 255.

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