A. Allgemeines

 

Rz. 1

Häufig stellt sich die Frage, ob einer Person, die den Erblasser gepflegt hat, ein Anspruch auf ein Entgelt für diese Pflegeleistungen zusteht, der nach dem Erbfall geltend gemacht werden könnte, wenn im Testament kein entsprechendes Pflegevergütungsvermächtnis ausgesetzt wurde. Gleiches gilt auch bei der Pflege, die im Rahmen einer Pflegeverpflichtung (z.B. aus einem Übergabevertrag) über den Umfang der vereinbarten Verpflichtung hinausgeht.

B. Vertragliche Ansprüche

 

Rz. 2

Denkbar ist dies natürlich immer im Rahmen schuldrechtlicher Vereinbarungen zwischen Erblasser und Pflegeperson.[1] Falls der Nachweis einer solchen Vereinbarung (Dienstvertrag) gelingt, besteht regelmäßig ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass ein solcher Vertrag unter Umständen arbeitsrechtliche und steuerliche Probleme aufwerfen kann.

Im Übrigen dürfte gerade für den Fall, dass eine dem Erblasser nahestehende Person, etwa ein naher Verwandter, diesen gepflegt hat, der Nachweis eines vereinbarten Entgelts schwer zu führen sein. Bei Dienstleistungen von Verwandten, Freunden und in eheähnlichen Verhältnissen Lebenden wird grundsätzlich ein Indiz für eine Unentgeltlichkeit anzunehmen sein.

[1] Vgl. Harryers, RNotZ 2013, 1, 11.

C. Ansprüche aus § 812 BGB

 

Rz. 3

Als Anspruchsgrundlage kommt weiter § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB in Betracht, wenn die Pflegeleistung in Erwartung einer künftigen Zuwendung erfolgte und der Erblasser diese Erwartung nicht erfüllt hat.[2]

D. Anspruch aus GoA

 

Rz. 4

Zu denken wäre weiterhin an einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 BGB, wobei zu beachten ist, dass dieses Rechtsinstitut lediglich Aufwendungsersatz entsprechend eines Beauftragten gewährt, nicht aber ein Entgelt. Zwar ist § 683 BGB nach seiner Entstehungsgeschichte so auszulegen, dass dem Geschäftsführer im Einzelfall auch eine angemessene Vergütung zustehen kann.[3] Dies setzt nach der Rechtsprechung aber voraus, dass der Geschäftsführer das Geschäft im Rahmen seines Gewerbes führt.[4]

 

Rz. 5

Bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag wird zudem die Abgrenzung zwischen reinem Gefälligkeitsverhältnis und rechtsgeschäftlichem Verhältnis relevant.

 

Rz. 6

Das reine Gefälligkeitsverhältnis begründet nämlich weder Erfüllungs- noch Aufwendungsersatzansprüche. Würde in derartigen Fällen generell ein Vergütungsanspruch zugebilligt, wäre eine Abgrenzung zwischen altruistischen und aus menschlichen Gründen gewährten Hilfeleistungen gegenüber rechtlichen Verpflichtungen und schuldrechtlichen Verträgen nicht möglich.

 

Rz. 7

Entscheidend bei der Abgrenzung ist nicht der innere Wille der Beteiligten, sondern wie sich das Verhalten der Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Betrachter gegenüber darstellt.[5] Aus den im Gesetz geregelten Gefälligkeitsverträgen (z.B. § 662 BGB) ergibt sich, dass ein Rechtsbindungswille auch bei einem unentgeltlichen und uneigennützigen Handeln anzunehmen sein kann.

 

Rz. 8

Zu würdigen sind die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit, vor allem für den Begünstigten, Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit sowie die Interessenlage. Eine vertragliche Bindung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Begünstigte sich auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen.[6]

 

Rz. 9

Es ist hier also darauf abzustellen, ob die Pflegeperson ihre Tätigkeit ohne weiteres, insbes. ohne Kündigung beenden bzw. der Pflegebedürftige auf die Leistung ohne weiteres verzichten und entsprechende Kostgeldzahlungen o.Ä. einstellen könnte.

 

Rz. 10

Voraussetzung des § 683 BGB ist, dass der Geschäftsführer zumindest ein auch fremdes Geschäft führt. Dies ist bei der Pflegeleistung an einem Pflegebedürftigen der Fall. Auch der Fremdgeschäftsführungswille ist insoweit gegeben. Die Geschäftsführung muss allerdings "ohne Auftrag" erfolgt sein. Damit wird verlangt, dass der Geschäftsführer nicht anderweitig zur Geschäftsbesorgung dem Geschäftsherrn gegenüber legitimiert oder sogar verpflichtet ist. Eine solche Legitimation kann sich ergeben aus Rechtsgeschäft, Organ- oder Amtsstellung, öffentlich-rechtlichem besonderem Gewaltverhältnis oder aber aus familienrechtlichem Status.[7] In diesen Fällen gibt es nämlich für die Geschäftsbesorgung spezielle Regelungen, die die Anwendung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließen.

 

Rz. 11

Zu unterscheiden ist demnach zwischen unterhaltsverpflichteten Familienangehörigen und Dritten, die die Pflege des Pflegebedürftigen übernommen haben.

 

Rz. 12

Handelt es sich bei der pflegenden Person um einen Abkömmling, dann ist grundsätzlich auch die Unterhaltspflicht nach §§ 1601 ff. BGB zu beachten. Zwar schuldet der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten gemäß § 1612 BGB grundsätzlich die Gewährung einer Geldrente. Gemäß § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Verpflichtete jedoch verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen.

 

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