Rz. 456

Nach § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG beträgt die Frist zur Begründung der Beschwerde in Unterhaltssachen zwei Monate. Die Regelung ist angelehnt an § 520 Abs. 2 ZPO, dessen entsprechende Geltung i.Ü. in § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG angeordnet wird. Die Beschwerdebegründungsfrist beginnt mit der – von Amts wegen zu erfolgenden – Zustellung des in vollständiger schriftlicher Form abgefassten Beschlusses, spätestens aber, wenn eine schriftliche Bekanntgabe nicht erfolgt, mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

Die Beschwerdebegründungsfrist kann nach § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG; § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO verlängert werden, sofern der entsprechende Antrag noch innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Allerdings ist eine Verlängerung aufgrund eines verspätet eingegangenen Antrags wegen der mit Fristablauf eintretenden Rechtskraft nicht möglich.[654] Die Verlängerung muss auch nicht so rechtzeitig beantragt werden, dass der Vorsitzende hierüber nach dem gewöhnlichen Geschäftsgang noch vor Ablauf der Frist entscheiden kann.[655] Der Einwurf in den Nachtbriefkasten genügt daher.

 

Rz. 457

Ein Anwalt darf regelmäßig mit einer erstmaligen Fristverlängerung rechnen, wenn er sich dazu auf einen erheblichen Grund, wie z.B. Arbeitsüberlastung, beruft.[656]

Demgemäß besteht keine Verpflichtung, sich innerhalb des Laufs der Beschwerdebegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde.[657]

 

Rz. 458

Seit dem 1.1.2022 gilt die aktive Nutzungspflicht des beA, d.h. Anwälte müssen ihre Schriftsätze elektronisch übermitteln.

Der BGH[658] ist auf die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA eingegangen. Sie entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Unerlässlich ist es, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt wurde. Hat der Rechtsanwalt eine solche Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen.

 

Rz. 459

 

Praxishinweis

Ein Rechtsanwalt muss bei Versendung fristwahrender Schriftsätze über das beA sein zuständiges Personal dahingehend anweisen, dass stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a V S. 2 ZPO zu kontrollieren ist. Er hat zudem diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchzuführen.

 

Rz. 460

Das OLG Frankfurt[659] verlangt auch bei Übermittlung von Schriftsätzen mittels beA (ähnlich wie beim früheren Einsatz des Telefax) eine ausreichende Zeitreserve einzuplanen, auch wenn Rechtsmittelfristen weitgehend ausgeschöpft werden dürfen.

 

Rz. 461

Scheitert danach eine rechtzeitige Übermittlung der Beschwerdebegründungsschrift per beA, weil der Verfahrensbevollmächtigte um 23:46 Uhr versucht, diese gemeinsam mit einer Vollmacht in das System hochzuladen, das sodann um 23:50 Uhr eine Fehlermeldung wegen eines unzulässigen Dateinamens der Vollmacht auswirft, ist der Verfahrensbevollmächtigte seinen Sorgfaltspflichten nicht hinreichend nachgekommen. Im elektronischen Rechtsverkehr muss mit einer nicht jederzeit reibungslosen Übermittlung gerechnet werden. Neben dem Problem der Wahl eines unzulässigen Dateinamens kann es zum Beispiel auch zu kurzfristigen Störungen der Server-Verbindung kommen. Auch wenn es grundsätzlich zulässig ist, Fristen bis zuletzt auszunutzen, muss der Verfahrensbevollmächtigte zum Schutz des Mandanten den sichersten Weg wählen. Insbesondere Rechtsanwälte, die überwiegend außergerichtlich tätig sind und daher selten mit der Einreichung von Fristsachen per beA befasst sind, müssen einkalkulieren, dass der Übermittlungsvorgang mehr als zehn Minuten in Anspruch nehmen kann, wenn auf-grund mangelnder Erfahrung unvorhergesehene Probleme auftreten.

[654] Vgl. BGH BGHZ 116, 377.
[655] BGH BGHZ 83, 217.
[659] OLG Frankfurt NJW 2022, 250; vgl. BGH FamRZ 2018, 446 (noch zum Telefax).

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