Rz. 411

Das Familiengericht kann nach § 54 Abs. 1 S. 1 FamFG die Entscheidungen in der einstweiligen Anordnungssache aufheben oder ändern.[610] Die Änderung einer einstweiligen Unterhaltsanordnung erfolgt nur auf Antrag, § 54 Abs. 1 S. 2 FamFG. Die Befugnis zur Antragstellung haben alle Beteiligten, die durch die einstweilige Anordnung beschwert, d.h. durch den Beschluss in ihren Rechten beeinträchtigt sind.[611] Der Antrag nach § 54 Abs. 1 FamFG kann auch auf eine rückwirkende Änderung oder Aufhebung gerichtet werden, weil die einstweilige Unterhaltsanordnung der Rechtskraft nicht fähig ist.

Die Änderung der einstweiligen Unterhaltsanordnung nach § 54 Abs. 1 FamFG setzt eine Beschwer voraus, woran es fehlt, wenn das Familiengericht entsprechend dem gestellten Antrag entschieden hat. Auch ist eine Änderung nur aufgrund neuer Tatsachen möglich, die der Antragsteller vortragen muss. Der Änderungsantrag ist also unzulässig, wenn der Antragsteller allein die Änderung der getroffenen Entscheidung fordert, ohne neue Tatsachen oder zumindest eine abweichende rechtliche Beurteilung derselben Tatsachen vorzubringen; es fehlt in diesem Fall das Rechtsschutzbedürfnis.[612]

 

Rz. 412

Die Änderung oder Aufhebung der einstweiligen Anordnung nach § 54 Abs. 1 FamFG erfolgt erneut im einstweiligen Anordnungsverfahren, d.h. die Besonderheiten des Anordnungsverfahrens – summarisches Verfahren, eingeschränkte Richtigkeitsgewähr, schneller Rechtsschutz – sind nach wie vor maßgeblich.[613] Auch im Änderungsverfahren nach § 54 Abs. 1 FamFG ist eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich.

 

Rz. 413

Umstritten ist, ob im Falle eines vom Unterhaltsschuldner erfolgreich geführten Abänderungsverfahrens nach § 54 Abs. 1 FamFG der während des Verfahrens entrichtete Unterhalt bereicherungsrechtlich zurückgefordert werden kann bzw. ob einem solchen Bereicherungsanspruch der Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB entgegengehalten werden kann. Maßgeblich ist insoweit, ob die Vorschrift des § 241 FamFG analog anwendbar ist.[614]

 

Rz. 414

Das OLG Karlsruhe[615] hat dies nach Auseinandersetzung mit dem Meinungsstand der Literatur abgelehnt.

Das OLG Karlsruhe argumentiert wie folgt:

Zitat

Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen ist es, dem Unterhaltsgläubiger in einem summarischen Verfahren zur Sicherung seines Lebensbedarfs rasch zu Unterhaltszahlungen zu verhelfen, welche zumeist sowieso knapp kalkuliert sind. Müsste der Unterhaltsgläubiger eines solchen Eilverfahrens bereits ab Rechtshängigkeit eines Antrags auf Abänderung gem. § 54 Abs. 1 FamFG bzw. ab Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 54 Abs. 2 FamFG damit rechnen, Unterhaltsbeträge wieder zurückzahlen zu müssen, würde sich für den Unterhaltsgläubiger die Frage stellen, ob sich für ihn der Aufwand einer einstweiligen Anordnung überhaupt lohnt. Der vom Gesetzgeber vorgesehene Schutz der einstweiligen Anordnung würde dadurch verwässert werden.

 

Rz. 415

Die Änderungsmöglichkeit des § 54 Abs. 1 FamFG ist subsidiär gegenüber dem Antrag nach § 54 Abs. 2 FamFG, wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, was aber in Unterhaltssachen wegen § 246 Abs. 2 FamFG eher selten ist.[616] Der Antrag nach 54 Abs. 2 FamFG kann aber auch gestellt werden, wenn eine einstweilige Unterhaltsanordnung aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, eine spätere Änderung derselben nach § 54 Abs. 1 FamFG aber ohne mündliche Verhandlung. Der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung muss nicht zeitnah nach Erlass der einstweiligen Unterhaltsanordnung gestellt werden; er kann auch nach langer Zeit noch – und zwar auch gerichtet auf eine rückwirkende Abänderung – gestellt werden, sofern dies im Einzelfall nicht rechtsmissbräuchlich sein sollte.[617]

Allerdings kann der Antragsteller neben dem Änderungsantrag nach § 54 Abs. 1 FamFG oder stattdessen auch das Verfahren zur Hauptsache einleiten, § 52 Abs. 2 FamFG.

[610] Zur Antragstellung bei Einkommensrückgang infolge der Coronakrise vgl. Roßmann, FuR 2020, 326.
[611] Götsche/Viefhues, ZFE 2009, 130.
[612] Schürmann, FamRB 2008, 375, 380.
[613] Wendl/Schmitz, § 10 Rn 425.
[614] Vgl. dazu auch Horndasch/Viefhues/Roßmann, § 241 Rn 7.
[615] OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1387; ebenso Hdb-FamR/Kintzel, Kap. 6 Rn 1084; a.A. Roßmann, Taktik im familiengerichtlichen Verfahren, Rn 3407 ff.
[616] Götsche/Viefhues, ZFE 2009, 130.

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