Rz. 3

Der Begriff der Unterhaltssache wird in § 231 FamFG definiert.

Unterhaltssachen[1] sind nach § 231 Abs. 1 FamFG Verfahren, die

die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,
die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,
die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m BGB

betreffen.

Ein Verfahren ist eine Unterhaltssache, wenn zur Begründung des erhobenen Anspruchs eine unterhaltsrechtliche Anspruchsgrundlage herangezogen werden muss (z.B. §§ 1601 ff., 1569 ff.; 1615l BGB). Ausschlaggebend für die Beurteilung, ob ein Verfahren eine Unterhaltssache darstellt, ist damit insbesondere die sog. materielle Anknüpfung.[2]

 

Rz. 4

Die Einordnung als Unterhaltssache nach § 231 Abs. 1 FamFG setzt nicht voraus, dass die Anspruchsgrundlage unmittelbar aus dem Familienrecht abgeleitet werden kann. Erforderlich ist jedoch ein Sachzusammenhang. So können Ansprüche im "Gewand" eines Befreiungs-, Bereicherungs- oder Schadensersatzanspruches eine Unterhaltssache sein, wenn sie ihre Wurzel im unterhaltsrechtlichen Verhältnis der Eheleute zueinander haben.[3]

Die "gesetzliche Unterhaltspflicht" im Sinne von § 232 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ist auch dann Gegenstand des Verfahrens, wenn der Anspruch aus einer vertraglichen Regelung der Beteiligten hergeleitet wird. Eine vertragliche Unterhaltspflicht nimmt dem Verfahren nur dann nicht den Charakter als gesetzliche Unterhaltssache, wenn es sich um einen selbstständigen, vom Gesetz losgelösten Unterhaltsanspruch handelt, den das Gesetz in dieser Form nicht kennt. Demgegenüber trägt eine Vereinbarung den Charakter einer gesetzlichen Unterhaltspflicht, wenn sie einen vom Gesetz gewährten Anspruch lediglich modifiziert. Für die Abgrenzung zwischen dem gesetzlichen und dem rein vertraglichen Unterhaltsanspruch kommt es darauf an, ob die vertragliche Regelung hinsichtlich der Voraussetzungen, des Umfangs und des Erlöschens des Anspruchs die im gesetzlichen Unterhaltsrecht vorgegebenen Grundsätze aufnimmt und – wenn auch unter vielleicht erheblichen Modifikationen – abbildet.[4]

Soweit der erhobene Anspruch nur mittelbare Auswirkung auf die Leistung von Unterhalt hat, ist das Verfahren hingegen als sonstige Familiensache nach § 266 FamFG abzuwickeln.

 

Rz. 5

Erforderlich ist mithin, dass der Schwerpunkt des Begehrens in den in § 231 Abs. 1 FamFG beschriebenen Rechtsbereich fällt. Dies ist etwa der Fall, wenn es um Rückzahlung von Unterhalt geht. Ein solcher Anspruch wird regelmäßig auf Bereicherungsrecht gestützt oder auf Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 263 StGB, 826 BGB; maßgeblich ist für die Entscheidung aber das Unterhaltsschuldverhältnis der Beteiligten, d.h. dieses steht im Mittelpunkt aller Überlegungen.[5]

Der Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlichen Verletzung der Unterhaltspflicht ist eine Unterhaltssache.[6] Dies erfasst auch ein Feststellungsbegehren dahingehend, dass eine Verbindlichkeit auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 Abs. 2 i.V.m. 170 StGB beruht.[7] Auch sind die Familiengerichte sachlich zuständig für Verfahren, mit denen die Feststellung oder negative Feststellung erstrebt wird, ein zur Insolvenztabelle angemeldeter titulierter Unterhaltsanspruch resultiere aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung oder nach der Neufassung des § 302 Nr. 1 InsO aus vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährtem rückständigen Unterhalt.[8]

Auch der Lebenspartnerschaftsunterhalt nach §§ 5, 12, 16 LPartG ist aufgrund der Verweisung in § 270 Abs. 1 FamFG nach §§ 231260 FamFG abzuwickeln.

Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch[9] hängt typischerweise nach seinem tatsächlichen Grund eng mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind zusammen. Bestehen und Höhe des Ausgleichsanspruchs hängen davon ab, ob und inwieweit im Einzelfall eine Unterhaltspflicht des einen oder anderen Elternteils besteht und erfüllt worden ist. Es handelt sich bei den Beträgen, die einem Elternteil aufgrund eines derartigen Anspruchs zustehen, wirtschaftlich gesehen um "rückständige Unterhaltsleistungen", weshalb der familienrechtliche Ausgleichsanspruch praktisch einem Unterhaltsanspruch gleich zu stellen ist, so dass es sich auch dabei um eine Unterhaltssache nach § 231 Abs. 1 FamFG handelt.[10]

Die in § 231 Abs. 1 FamFG genannten Verfahren gehören zur Kategorie der Familienstreitsachen (vgl. § 112 Nr. 1 FamFG). In diesen Verfahren sind die Vorschriften der ZPO anzuwenden, vgl. § 113 Abs. 1 FamFG. Im Übrigen gelten die speziellen Vorschriften der §§ 231260 FamFG.[11]

 

Rz. 6

Unterhaltssachen sind aber auch nach § 231 Abs. 2 FamFG Verfahren nach § 3 Abs. 2 S. 3 BKGG und § 64 Abs. 2 S. 3 EStG. Diese Verfahren dienen der Bestimmung der für das Kindergeld bezugsberechtigten Person.[12] Maßgebend für die Einbeziehung dieser Verfahren ist der enge tatsächliche und rechtliche Zusammenhang mit Verfahren, die den Unterhalt des Kindes betreffen. Nach § 1612b BGB hat das Kindergeld und damit auch die Frage, wer hierfür bezugsberech...

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