Rz. 29

Mangels Steuerbefreiung sind die im Inland gegen Entgelt erbrachten Leistungen des Testamentsvollstreckers grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, die in Eingangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

Allerdings ist – zumindest soweit die Testamentsvollstreckung nicht im Rahmen des bestehenden anwaltlichen oder steuerberatenden Unternehmens des Testamentsvollstreckers erbracht wird – in vielen Fällen die sog. Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG anwendbar. Danach wird die geschuldete Umsatzsteuer von inländischen Unternehmern nicht erhoben, wenn deren Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 EUR (bis 2019 17.500 EUR) nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die Kleinunternehmerregelung bietet damit für die gelegentliche Testamentsvollstreckung viele Erleichterungen. Viele Formalien im Zusammenhang mit der Rechnungsstellung sowie die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung können entfallen; im Gegenzug entfällt aber auch die Vorsteuerabzugsberechtigung. Hat der Testamentsvollstrecker hinsichtlich des Zahlungszeitpunkts seiner Vergütung und der Gesamtdauer der Vollstreckung einen entsprechenden Spielraum, so kann durch die Gestaltung der Zahlungszeitpunkte die Entstehung von Umsatzsteuer verhindert werden, was schlussendlich den betroffenen Erben zugutekommt, die regelmäßig nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

 

Rz. 30

Sofern vom Testamentsvollstrecker gezahlte Vorsteuerbeträge über den Auslagenersatz abgerechnet werden, spielt dies materiell keine Rolle, so dass in diesen Fällen die grundsätzlich mögliche Option zur Umsatzsteuer für Testamentsvollstrecker als Kleinunternehmer meist keinen Sinn macht.

Die Frage des Vorsteuerabzugs für den Testamentsvollstrecker, der nicht als Kleinunternehmer anzusehen ist, gewinnt erheblich an Bedeutung in Fällen, in denen der Testamentsvollstrecker Aufwendungen hat, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang zu einer tatsächlichen Testamentsvollstreckung stehen und somit nicht im Rahmen des Aufwendungsersatzes wieder zurückverlangt werden können. Beispielsweise Vorsteuerbeträge, die in Reisekosten enthalten sind, die der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner eigenen Fortbildung tätigt.

 

Rz. 31

Die Regelungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug sehen grundsätzlich vor, dass der Vorsteuerabzug dann möglich ist, wenn die empfangene Leistung ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze verwendet wird und dann wiederum nicht möglich ist, wenn die empfangene Leistung für Ausschlussumsätze, beispielsweise steuerfreie Umsätze, verwendet wird. Eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge ist vorgesehen, sofern der Unternehmer Leistungen empfängt, die sowohl seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker dienen als auch ansonsten steuerfreien Tätigkeiten. Waren vor Jahren in der Hauptsache Rechtsanwälte und Steuerberater, die im Regelfall Abzugsumsätze tätigen und somit umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen, mit der Ausübung von Testamentsvollstreckungen betraut, so wird die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker zunehmend auch von Personen und Institutionen erbracht, die ansonsten keine oder nur geringfügige umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen, wie zum Beispiel Versicherungsvertreter oder Banken. Zu beobachten ist dabei, dass diese Personen und Institutionen vermehrt Aufwendungen tragen, die der Akquisition von Testamentsvollstreckung dienen sollen. Die dabei anfallenden Vorsteuerbeträge kann sich der Unternehmer erstatten lassen, denn entscheidend ist die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Empfangs der Leistung ganz unabhängig davon, ob tatsächlich steuerpflichtige Umsätze durch die Testamentsvollstreckung erzielt werden.

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