Rz. 12

Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Geschädigte gem. § 286 ZPO verpflichtet, die haftungsbegründende Kausalität zwischen dem Bergbaubetrieb und der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen. Lediglich für die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. den Ursachenzusammenhang zwischen Rechtsgutsverletzung und Schaden, kommt ihm die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute. Wegen der im Bereich der haftungsbegründenden Kausalität in der Praxis auftretenden Beweisschwierigkeiten hat der Gesetzgeber in § 120 BBergG zugunsten des Geschädigten eine Erleichterung durch die Einführung der sog. Bergschadensvermutung geschaffen.[17]

 

Rz. 13

Hiernach muss der Geschädigte nur noch folgende Anspruchsvoraussetzungen darlegen und beweisen:

 

Rz. 14

Erstens muss die Substanzbeeinträchtigung im Einwirkungsbereich der untertägigen Aufsuchung und Gewinnung eines Bergbaubetriebes entstanden sein.

 

Rz. 15

Keine Anwendung findet die Bergschadensvermutung also im Übertagebergbau, insbesondere beim Abbau von Braunkohle. Was unter diesem Einzugsbereich zu verstehen ist, kann der Einwirkungs-Berg-Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft über bergbauliche Unterlagen, Einwirkungsbereiche und Bergbau-Versuchsstrecken vom 11.11.1982[18] entnommen werden, die am 1.1.1983 in Kraft getreten ist.[19] Die räumliche Begrenzung des Einwirkungsbereichs wird in der Regel mithilfe der Einwirkungswinkel festgestellt; die Schenkel steigen auf dem kürzesten Weg zur Erdoberfläche an und durchdringen diese bei einer Bodensenkung von 10 cm. Damit soll ein Bereich erfasst sein, in dem Senkungen von mehr als 10 cm auftreten können. Hier wird aber bereits eine Schwäche der aufgestellten Vermutung erkennbar. Denn fast immer muss der Geschädigte oder der auf seine Veranlassung hin beauftragte Gutachter zur Klärung des Einwirkungsbereichs sich an den Bergbau Betreibenden wenden, der wohl allein über die notwendigen Unterlagen verfügt.

 

Rz. 16

Zweitens muss die Beschädigung durch Senkungen, Pressungen, Zerrungen der Oberfläche oder Erdrisse entstanden sein. Insoweit ist der Kausalitätsnachweis häufig nicht einfach zu führen. Von der Pflicht, diese Kausalität zu beweisen, entbindet den Geschädigten auch die Bergschadensvermutung des § 120 BBergG nicht.[20]

 

Rz. 17

Drittens muss der Schaden seiner Natur nach ein Bergschaden sein, also nach dem äußeren Erscheinungsbild so aussehen, wie Substanzbeeinträchtigungen als Folge bergbaubedingter Veränderungen üblicherweise auszusehen pflegen.[21]

 

Rz. 18

Sind diese drei Voraussetzungen gegeben, wird die haftungsbegründende Kausalität zwischen dem Bergbaubetrieb und dem Bergschaden zunächst widerleglich vermutet.

 

Rz. 19

Der Anspruchsgegner kann diese Vermutung gem. § 120 Abs. 1 S. 2 BBergG entkräften mit der Folge, dass den Geschädigten nun wieder die volle Beweislast trifft. So kann der Anspruchsgegner darlegen, dass der Schaden durch einen offensichtlichen Baumangel oder durch eine baurechtswidrige Nutzung verursacht sein kann (§ 120 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BBergG). Die Bergschadensvermutung ist ferner ausgeschlossen, wenn feststeht, dass die Senkungen, Pressungen, Zerrungen oder Erdrisse durch natürlich bedingte geologische oder hydrologische Gegebenheiten oder Veränderungen des Baugrundes oder von einem Dritten verursacht worden sein können, der, ohne Bodenschätze untertägig aufzusuchen oder zu gewinnen, im Einwirkungsbereich des Bergbaubetriebs auf die Oberfläche eingewirkt hat (§ 120 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BBergG).

 

Rz. 20

Schwierig ist in der Praxis häufig zu beurteilen, was einen offensichtlichen Baumangel darstellt. Es muss sich jedenfalls um einen leicht erkennbaren Baumangel handeln, der nicht erst durch umfangreiche Untersuchungen festgestellt werden muss. Erfasst werden können etwa unzureichend ausgeführte Fundamente, Decken, Wände und Böden.[22] Der Bergbauunternehmer kann sich dabei in Beweisnot befinden, denn er hat in der Regel keinen Einblick in die Bauunterlagen des Geschädigten. § 120 Abs. 2 BBergG bestimmt deshalb, dass derjenige, der sich auf die Bergschadensvermutung beruft, dem Ersatzpflichtigen auf Verlangen Einsicht in die Baugenehmigung und die dazugehörigen Unterlagen zu gewähren hat.

 

Rz. 21

Der Anspruchsgegner muss die Anknüpfungstatsachen des § 120 Abs. 1 S. 2 BBergG darlegen und beweisen. Ferner muss die ernsthafte Möglichkeit bestehen, dass diese Tatsachen geeignet waren, eine bergbaufremde Verursachung herbeizuführen. Hat der Richter sich hiervon überzeugt, trifft den Geschädigten wiederum die Darlegungs- und Beweislast. Ein voller Gegenbeweis muss im Rahmen des § 120 Abs. 1 S. 2 BBergG mithin nicht geführt werden.[23]

 

Rz. 22

Eine weitere Beweiserleichterung kann sich für den Geschädigten ferner ergeben, wenn der Anspruchsgegner über Jahre hinweg wiederkehrend Schäden und deren Folgen anerkannt sowie reguliert hat.[24] In diesen Fällen geht das Risiko eines nicht mehr aufklärbaren Ursachenzusammenhangs zulasten des Schädigers.

[17] Hierzu etwa Piens/Schulte/Graf Vitzthum, § 120 BBergG Rn 8 ff.; Dapprich,...

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