Rz. 103
Will der Testamentsvollstrecker aus eigenen persönlichen Rechten klagen, dann sind die Vorschriften der §§ 2212, 2213 BGB nicht anwendbar.
Häufigster Anwendungsfall ist eine Klage des Testamentsvollstreckers wegen seiner angemessenen Vergütung nach § 2221 BGB oder seines Aufwendungsersatzanspruches nach §§ 2218, 670 BGB.
Diese Streitigkeiten über Vergütungsfragen sind vor dem sachlich und örtlich zuständigen Prozessgericht und nicht vor dem Nachlassgericht auszutragen.
Sofern der Erblasser dies nicht ausdrücklich angeordnet hat, steht dem Testamentsvollstrecker selbst nicht das Recht zu, die Vergütung verbindlich festzusetzen.[187]
Bei der Vergütungsklage ist streitig, welchen Antrag der Testamentsvollstrecker muss.
Zum einen wird dargelegt, dass der Testamentsvollstrecker nicht auf Leistung an sich klagt, sondern vielmehr auf Festsetzung eines bestimmten Betrages, den er aus dem Nachlass entnehmen darf.[188] Etwaige Vorentnahmen sind zu berücksichtigen.
Zum anderen wird eine Feststellungsklage für richtig erachtet,[189] wonach festgestellt wird, dass der Testamentsvollstrecker berechtigt ist, eine genau bezifferte Summe als Testamentsvollstreckervergütung aus dem Nachlass für seine Tätigkeit in einem bestimmten Zeitraum zu entnehmen. Im Einzelnen geht es dann nicht um die Schlussvergütung, sondern um eine Teilvergütung.[190]
Rz. 104
Sofern es sich um eine Schlussvergütung handelt, soll eine Klage gegen die Erben auf Leistung an den Testamentsvollstrecker erfolgen.[191] Dabei handelt es sich um eine Privatklage des Testamentsvollstreckers, also im eigenen Namen und nicht im Namen als Testamentsvollstrecker über den Nachlass.[192]
Zu beachten ist, dass bei Erhebung einer Klage auf Feststellung oder Zahlung der angemessenen Vergütung deren Höhe im Klageantrag grundsätzlich betragsmäßig wegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genau zu bezeichnen ist. Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn eine Bezifferung entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Wie bei einer Schmerzensgeldklage ist dann jedoch die Angabe eines Mindestbetrags und der Bemessungsgrundlage erforderlich. Die Bestimmung der angemessenen Vergütung darf nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt werden.
Nach hiesiger Auffassung sollte er sich bei der Klage statt auf eine bestimmte Tabelle zu berufen, der Einfachheit halber den Mittelwert aller Tabelle auswählen, denn der Mittelwert aller Tabellen dürfte grundsätzlich eine angemessene Vergütung darstellen. Die nachfolgende Tabelle soll dabei behilflich sein:[193][194]
Vermögen in EUR | Alte Rheinische Tabelle | Tschisch-gale | Möhring | Eckels-kemper | Berliner Praxis | Deutscher Notar Verein | Mittelwert in EUR[195] |
---|---|---|---|---|---|---|---|
50.000 | 1.600 | 2.000 | 2.910 | 2.000 | 2.050 | 2.000 | 2.093 |
250.000 | 5.600 | 7.000 | 10.110 | 8.000 | 6.850 | 10.000 | 7.927 |
500.000 | 10.600 | 13.250 | 19.110 | 14.250 | 12.850 | 15.000 | 14.177 |
1 Mio. | 15.600 | 19.500 | 28.110 | 26.750 | 18.850 | 25.000 | 22.302 |
1,5 Mio. | 20.600 | 25.750 | 33.110 | 38.000 | 23.850 | 37.500 | 29.802 |
2,5 Mio. | 30.600 | 38.250 | 43.110 | 58.000 | 33.850 | 62.500 | 44.385 |
5 Mio. | 55.600 | 69.500 | 68.110 | 83.000 | 58.850 | 100.000 | 72.510 |
Sicherlich ist es angesichts der veralteten Rheinischen Tabelle auch gerechtfertigt, auf diese alte Vergütung einen Zuschlag bis zu 20 % wegen des eingetretenen Kaufpreisschwundes[196] zu machen, so dass sich das arithmetische Mittel weiter nach oben verlagert.
Alternativ kann man sich natürlich auch nur auf die tatsächlich in der Praxis relevanten Vergütungsvorschläge stützen. Die Tabelle von Tschischgale[197] und die sog. Berliner Praxis dürften dann ausscheiden. Auch hier zeigt sich, wie sehr die überaltete Rheinische Tabelle den Mittelwert drückt.[198]
Vermögen in EUR | Alte Rheinische Tabelle | Möhring | Eckelskemper | Deutscher Notar Verein | Mittelwert in EUR[199] |
---|---|---|---|---|---|
50.000 | 1.600 | 2.910 | 2.000 | 2.000 | 2.128 |
250.000 | 5.600 | 10.110 | 8.000 | 10.000 | 8.428 |
500.000 | 10.600 | 19.110 | 14.250 | 15.000 | 14.740 |
1 Mio. | 15.600 | 28.110 | 26.750 | 25.000 | 23.865 |
1,5 Mio. | 20.600 | 33.110 | 38.000 | 37.500 | 32.303 |
2,5 Mio. | 30.600 | 43.110 | 58.000 | 62.500 | 48.553 |
5 Mio. | 55.600 | 68.110 | 83.000 | 100.000 | 76.678 |
In der Praxis dürfte jedoch der Testamentsvollstrecker kaum in die Verlegenheit kommen, eine Leistungsklage zu erheben. Vielmehr kann er sich die beanspruchte Vergütung selbst aus dem Nachlass entnehmen, sofern dieser Betrag noch vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall darf er nicht ohne weiteres Nachlassgegenstände veräußern, nur um seine Vergütung sicherzustellen. So muss eine derartige Vorgehensweise ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses gem. § 2216 Abs. 1 BGB entsprechen.[200] Dies wird aber regelmäßig der Fall sein, zumal der Testamentsvollstrecker ohnehin nach Maßgabe des § 2204 BGB vorgehen und den Nachlass gemäß der Teilungsregeln "versilbern" darf. Zudem ist die Vergütung Nachlassverbindlichkeit, die es ebenfalls mit Nachlassmitteln zu begleichen gilt. Allerdings kommt es auf den Einzelfall an.
Richtet sich der Vergütungsanspruch z.B. gegen einen Vermächtnisnehmer kann der Testamentsvollstrecker die Vergütung nicht dem Nachlass entnehmen, sondern sein Anspruch richtet...
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen
Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen