Rz. 26

Der Testamentsvollstrecker darf nur über Nachlassgegenstände verfügen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung gem. § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlich ist oder eine erweiterte Verpflichtungsbefugnis nach den Vorschriften der §§ 2207, 2209 S. 2 BGB vorliegt.[55]

Dementsprechend ist hinsichtlich der vom Testamentsvollstrecker eingegangenen Verpflichtungsgeschäfte zu unterscheiden:

Handelt es sich um eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand, § 2206 Abs. 1 S. 2 BGB oder
um ein sonstiges Verpflichtungsgeschäft, durch den der Nachlass verpflichtet wird.
 

Rz. 27

Grundsätzlich ist der Maßstab der ordnungsgemäßen Verwaltung nach § 2216 Abs. 1 BGB anzulegen. Erweist sich dabei, dass für die Eingehung der Verbindlichkeit objektiv nicht erforderlich war, kann trotzdem eine wirksame Nachlassverbindlichkeit vorliegen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertragspartner des Testamentsvollstreckers annimmt oder ohne Fahrlässigkeit annehmen durfte, die Eingehung sei zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich.[56] Leichte Fahrlässigkeit ist dabei bereits schädlich.[57]

 

Rz. 28

Problematisch ist, ob ggf. eine Prüfungspflicht besteht.

Ein Teil der Literatur[58] verneint eine Prüfungspflicht. Eine Minderheitsmeinung in der Literatur[59] befürwortet eine derartige Prüfungspflicht. Eine derartige Prüfungs- oder Nachforschungspflicht des Vertragspartners sei je eher zu bejahen, desto mehr durch die erkennbaren Verhältnisse der Verdacht der Ordnungswidrigkeit der Maßnahme für eine verständigen Vertragspartner nahegelegt wird.

Hat dann der Testamentsvollstrecker beim Vertragsschluss außerhalb seiner Verpflichtungsbefugnis gehandelt, so haftet er persönlich aus § 179 BGB als falsus procurator.[60]

Richtigerweise wird man aber eine persönliche Haftung des Testamentsvollstreckers aufgrund § 179 Abs. 3 BGB scheitern lassen müssen, da die Erkennbarkeit der Ordnungswidrigkeit zugleich die der fehlenden Verpflichtungsmacht bedingt.[61]

 

Rz. 29

Der Vertragspartner ist beweispflichtig für seine Behauptung, dass er annehmen konnte, der Testamentsvollstrecker habe die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung beachtet.[62]

 

Rz. 30

Nach § 2206 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Testamentsvollstrecker auch Verfügungen über einen Nachlassgegenstand treffen. Hier entspricht nach § 2206 Abs. 1 S. 2 BGB die Verpflichtungsbefugnis der Verfügungsbefugnis des § 2205 S. 2 BGB.[63] Dabei ist die Verpflichtungsbefugnis nur durch das Schenkungsverbot nach § 2205 S. 3 BGB oder durch mögliche Anordnungen des Erblassers nach § 2208 BGB beschränkt.

Will also der Testamentsvollstrecker ein Grundstück veräußern oder belasten[64] muss auch hier für die Wirksamkeit der Verpflichtung nach außen die Eingehung des Verpflichtungsgeschäftes zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich gewesen sein.

Bei Verfügungen über Nachlassgegenständen ist also die Vertretungsmacht des Testamentsvollstreckers hinsichtlich des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäftes nicht auf solche Geschäfte beschränkt, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Eine Ausnahme gilt hier für kollusives Zusammenwirken zwischen dem Testamentsvollstrecker und seinem Vertragspartner. Kannte der Dritte die rechtsmissbräuchliche Ausübung oder musste er sie zumindest kennen, kann er keine Rechte gegen den Nachlass geltend machen.[65]

Die Verfügung ist dann insgesamt unwirksam und der Dritte könnte lediglich den Testamentsvollstrecker nach § 179 BGB persönlich in Anspruch nehmen, wobei auch hier angesichts des § 179 Abs. 3 BGB Zweifel bestehen.[66]

 

Rz. 31

Auch trifft den Vertragspartner keine besondere Nachforschungs- oder Prüfungspflicht, wie weit der Testamentsvollstrecker Im Innenverhältnis gebunden ist. Ein guter Glaube des Vertragspartners an das Bestehen der Verfügungsbefugnis ist nicht geschützt.[67] Da Verfügungsbeschränkungen aus Anordnungen des Erblassers nach § 2208 BGB herrühren ist eine Eintragung in das Testamentsvollstreckerzeugnis notwendig. Insoweit ist es ratsam, vor einer Verfügung sich das Testamentsvollstreckerzeugnis vorlegen zu lassen. Beim Verstoß gegen das Schenkungsverbot nach § 2205 S. 3 BGB kommt es nach h.M.[68] nicht darauf an, dass der Dritte die Unentgeltlichkeit erkennen konnte. Unentgeltlichkeit ist danach bereits bei der kleinsten Divergenz von Leistung und Gegenleistung geleistet.

[55] Z.B. Miet-, Dienst- und Darlehensverträge. Ebenso die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten für den Nachlass, Schuldanerkenntnisse, Vergleiche und Anerkenntnisse.
[56] BGH NJW 1983, 40; Staudinger/Reimann, § 2206 Rn 11; J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 9 Rn 78.
[57] Soergel/Damrau, § 2206 Rn 3.
[58] Soergel/Damrau, § 2206 Rn 3; Lange/Kuchinke, § 31 VI 3C; J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 9 Rn 78.
[59] MüKo/Zimmermann, § 2206 Rn 7; Staudinger/Reimann, § 2206 Rn 11.
[60] Winkler, Der Testamentsvollstrecker, Rn 193; Palandt/Weidlich, § 2206 Rn 1.
[61] J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 9 Rn 78; MüKo/Zimmermann, § 2206 Rn 8.
[62] Vgl. Schaub, in: Bengel/Reimann, Kapit...

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