Rz. 267

Es ist zunächst von der tatsächlichen Ehezeit auszugehen und erst dann eine Abwägung vorzunehmen, ob und in welchem Umfang die Zahlungspflicht für den Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig ist. Denn andernfalls würde bei Vorhandensein gemeinschaftlicher Kinder eine "kurze Ehe" nie gegeben sein.

 

Rz. 268

Damit wird auch verdeutlicht, dass die Kindesbelange und die Betreuung gemeinschaftlicher Kinder durch den Unterhaltsberechtigten einer Beschränkung des Unterhalts weder von vornherein noch grundsätzlich entgegenstehen, sondern dass bei der nach Bejahung einer "kurzen Ehedauer" durchzuführenden umfassenden Billigkeitsabwägung die Kindesbelange zu wahren und die Kindesbetreuung besonders zu berücksichtigen sind. Dabei sind nicht nur abgelaufene Kindererziehungszeiten, sondern auch Zeiten für noch in der Zukunft zu erbringende Betreuungsleistungen zu berücksichtigen. Allerdings ist hier nicht auf den Zeitrahmen des alten Altersphasenmodells, sondern der Neuregelung des § 1570 BGB abzustellen.

 

Rz. 269

Eine gesetzliche Definition der "kurzen" Ehedauer wird ausdrücklich nicht vorgenommen. Die Zeit des tatsächlichen Zusammenlebens – ggf. auch vor der Ehe – ist ohne Bedeutung. Auch das Alter der Eheleute spielt keine Rolle.

 

Rz. 270

Der BGH hat im Interesse der praktischen Handhabung des § 1579 Nr. 1 BGB die zeitlichen Bereiche, innerhalb derer eine Ehe in der Regel von kurzer oder nicht mehr von kurzer Dauer ist, dahin konkretisiert, dass eine nicht mehr als zwei Jahre betragende Ehedauer in der Regel als kurz, eine solche von mehr als drei Jahren hingegen nicht mehr als kurz zu bezeichnen ist, wobei es auf die Zeit von der Heirat bis zur Zustellung des Scheidungsantrags ankommt.[476]

 

Rz. 271

Im Bereich von "Kurzzeitehen" sind Überschneidungen von § 1578b BGB mit § 1579 Nr. 1 BGB denkbar. Liegt eine kurze Ehe im Sinn des § 1579 Nr. 1 BGB vor, verengt sich der Entscheidungsspielraum des Gerichts. § 1579 Nr. 1 BGB ist daher in einschlägigen Fällen vorrangig zu prüfen.[477]

[476] BGH FamRZ 2011, 1498 m. Anm. Maurer = NJW 2011, 3089 m. Anm. Schnitzler; Anm. Hohloch, FF 2011, 410; BGH FamRZ 2011, 791 m. Anm. Norpoth, FamRZ 2011, 873 = NJW 2011, 1582 m. Anm. Maurer = FuR 2011, 392 = FF 2011, 251 m. Anm. Schnitzler.
[477] Zum Verhältnis der beiden Normen siehe Maurer, FamRZ 2011, 1503.

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