Rz. 205

Gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB ist derjenige zur Herausgabe verpflichtet, der etwas durch Leistung erlangt hat, wenn der rechtliche Grund hierfür später wegfällt. Das Schwiegerkind kann demnach dann Herausgabe oder Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB für die von ihm getätigten Investitionen verlangen, wenn der rechtliche Grund, der hinsichtlich der Vornahme der Leistungen bestand, weggefallen ist.

 

Rz. 206

Rechtsgrund für die Investitionen war in der Regel der Umstand, dass die Ehegatten das im Eigentum der Schwiegereltern stehende Objekt bewohnen durften, sei es aufgrund eines Leih- oder eines Mietverhältnisses.[164] Der Rechtsgrund entfällt also nicht mit dem Scheitern der Ehe,[165] sondern erst in dem Moment, in dem das Vertragsverhältnis beendet wird.

 

Rz. 207

Eine Beendigung des Leih- oder Mietverhältnisses aber ist nicht mit Scheitern oder Beendigung der Ehe anzunehmen, sondern erst dann, wenn beide Ehegatten aus der Wohnung ausgezogen sind bzw. eine rechtswirksame Kündigung des Mietvertrags vorliegt.[166] Solange zum Beispiel noch einer der Ehegatten weiterhin unentgeltlich in der Wohnung lebt, ist das Leihverhältnis trotz Auszugs des anderen Ehegatten nicht beendet.[167] Der Umstand, dass das Schwiegerkind die Nutzung der Räume aufgegeben hat, ändert nichts an dem rechtlichen Fortbestand eines Leih- bzw. Mietverhältnisses mit den Schwiegereltern.[168]

 

Rz. 208

Das gilt auch, wenn die Beteiligten ausdrücklich eine Entlassung des Schwiegerkindes aus dem Leih- oder Mietverhältnis vereinbart haben. Das insoweit unteilbare Leihverhältnis bestünde trotzdem mit dem getrennten Ehegatten, der die Wohnung nach wie vor nutzt, fort.[169]

 

Rz. 209

Es kann zu überlegen sein, ob der Ehegatte, der die Wohnung verlassen hat, einen Anspruch auf Nutzungsvergütung hat. Soweit ihm ein Anspruch gegen die Schwiegereltern nicht zusteht, würde sich ein Nutzungsvergütungsanspruch gegen den die Wohnung weiterhin nutzenden Ehegatten richten.[170]

 

Rz. 210

Ziehen hingegen beide Ehegatten nach Scheitern der Ehe aus dem Objekt aus und wird die vertragliche Beziehung zu den Schwiegereltern rechtswirksam aufgekündigt, fällt der Rechtsgrund für die getätigten Investitionen weg. Es ist dann nach der Höhe des Rückforderungsanspruchs zu fragen (siehe unten Rn 93 ff.).

 

Rz. 211

 

Praxistipp

Rechtsgrund für die Investitionen ist in der Regel der Umstand, dass die Ehegatten das im Eigentum der Schwiegereltern stehende Objekt bewohnen durften, sei es aufgrund eines Leih- oder eines Mietverhältnisses.
Der Rechtsgrund entfällt also nicht mit dem Scheitern der Ehe.
Auch eine Beendigung des Leih- oder Mietverhältnisses ist nicht mit Scheitern oder Beendigung der Ehe anzunehmen.
 

Rz. 212

 

Lösung Beispielsfall

F bewohnt nach dem Auszug des M aus dem Einfamilienhaus dieses weiterhin unentgeltlich. Das Leihverhältnis mit SV und SM besteht weiterhin fort. Der Rechtsgrund für die Renovierungsleistungen des M ist nicht entfallen. Er hat keinen Anspruch gegen SV und SM auf Ausgleich der Investitionen.

[164] Wever, Rn 545.
[165] OLG Oldenburg, Urt. v. 5.11.2007 – 15 U 19/07, openJur 2012, 46608, FamRZ 2008, 1440; Wever, Rn 547.
[166] BGH, Urt. v. 31.10.2011 – XII ZR 292/99, openJur 2010, 7508, NJW 2002, 436.
[167] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.1.2010 – I-24 U 108/09, openJur 2011, 70974, FamRZ 2010, 1849; FAKomm-FamR/Rossmann, vor §§ 1372 BGB Rn 198.
[168] OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.5.2004 – 12 U 66/04, Justiz Baden-Württemberg, FamRZ 2004, 1870.
[169] OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.5.2004 – 12 U 66/04, Justiz Baden-Württemberg, FamRZ 2004, 1870.
[170] Wever, Rn 551a.

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