Rz. 103

Nach § 214 Abs. 1 BGB hat die Verjährung eines Anspruchs die Wirkung, dass der Schuldner (z.B. ein haftpflichtiger Rechtsberater) berechtigt ist, die geschuldete Leistung zu verweigern. Die Verjährung ist eingetreten, wenn die Verjährungsfrist unter Berücksichtigung von Hemmungs- und/oder Unterbrechungszeiten abgelaufen ist.

 

Rz. 104

Im Rechtsstreit ist die Verjährung nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede des Schuldners zu beachten, sodass gegen diesen ein Versäumnisurteil ergehen kann (§ 331 ZPO). Die Einrede kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen erhoben werden; eine im ersten Rechtszug erhobene Einrede ist – ohne Wiederholung – auch im Berufungsverfahren zu berücksichtigen.[309] Sie kann auch im Berufungsverfahren erstmals erhoben werden, wenn die Umstände, die den Eintritt der Verjährung begründen, unstreitig sind.[310] In der Revisionsinstanz kann die – auf tatsächlichem Gebiet liegende – Verjährungseinrede nicht mehr nachgeholt werden;[311] dagegen kann die Einrede aber im Revisionsverfahren erhoben und berücksichtigt werden, wenn die Verjährung erst während dieses Verfahrens unstreitig eingetreten ist und schutzwürdige Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.[312]

 

Rz. 105

Da der verjährte Anspruch nach wie vor besteht und erfüllbar ist, kann der Schuldner eine – freiwillig erbrachte – Leistung auf den verjährten Anspruch auch dann nicht zurückfordern, wenn diese in Unkenntnis der Verjährung bewirkt worden ist; ein vertragsmäßiges Anerkenntnis und eine Sicherheitsleistung des Schuldners stehen insoweit einer Leistung gleich (§ 214 Abs. 2 BGB). Dagegen steht dem Schuldner ein Rückforderungsanspruch zu, wenn wegen einer verjährten Forderung vollstreckt worden ist.[313]

 

Rz. 106

Da der verjährte Anspruch weiter besteht, kann der Gläubiger damit noch aufrechnen, soweit die Aufrechnungslage noch in unverjährter Zeit gegeben war (§ 215 BGB). Das gilt entsprechend für ein Zurückbehaltungsrecht, das auf einen verjährten Anspruch gestützt wird, wenn die Verjährung noch nicht vollendet war, als der Anspruch des Gläubigers entstanden ist und erstmals die Leistung verweigert werden konnte (§ 215 BGB).[314]

 

Rz. 107

Der Gläubiger darf sich grds. aus Sicherheiten für die verjährte, aber fortbestehende und erfüllbare Forderung befriedigen (§ 216 BGB).[315]

[309] BGH, NJW 1990, 326, 327.
[310] BGH (Großer Senat für Zivilsachen), 23.6.2008 – GSZ 1/08, WM 2008, 2131 = NJW 2008, 3434; BGH, 16.10.2008 – IX ZR 135/07, WM 2008, 2307, 2309 (Tz. 22). Die Einrede kann noch in zweiter Instanz erfolgen, wenn die Umstände unstreitig sind, BGH, 23.6.2008 – GSZ 1/08, WM 2008, 2131 (Tz. 10 ff.) = NJW 2008, 3434, 3435; BGH, 16.10.2008 – IX ZR 135/07, WM 2008, 2307, 2309 (Tz. 22); BGH, 27.1.2010 – VIII ZR 58/09, WM 2010, 986 = BGHZ 184, 128, BGH, 10.5.2012 – IX ZR 125/10, WM 2012, 1351 (sogar dann, wenn Beweisaufnahme erforderlich wird).
[311] BGHZ 1, 234, 239; BGH, NJW-RR 2004, 275, 276.
[312] BGH, NJW 1990, 2754, 2755.
[313] BGH, NJW 1993, 3318, 3319.
[314] Entwurfsbegründung SchuModG, BR-Drucks 338/01, S. 276.
[315] Dazu im Einzelnen Palandt/Ellenberger, BGB, § 216 Rn 2 ff.; Gottwald, Rn 421 ff.

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