Rz. 30

In der Praxis werden auch Teilabfindungsvergleiche abgeschlossen. Diese setzen einen Abfindungsbetrag lediglich für einzelne Schadenspositionen oder bestimmte Zeiträume fest. In diesen Fällen wird i.d.R. ein entsprechender Vorbehalt in die Abfindungserklärung mit aufgenommen, welcher klarstellt, welche Anspruchspositionen nicht mit abgegolten sind. Eine solche Vorgehensweise mag sich z.B. dann anbieten, wenn der Mandant grundsätzlich eine sofortige Erledigung durch einen Abfindungsvergleich wünscht, aber ärztlicherseits eine bestimmte spätere Verletzungsfolge oder Behandlungsmaßnahme nicht ausgeschlossen werden kann. Zumindest für dieses mögliche (wenn auch vielleicht fernliegende) Ereignis sollte in den Vergleichstext neben der Vereinbarung des Abfindungsbetrages auch eine Vorbehaltserklärung aufgenommen werden, welche gleichzeitig das Verjährungsrisiko für die vorbehaltenen Positionen soweit wie möglich minimiert (siehe Rdn 36 ff.).

 

Rz. 31

Ein unbeschränkter Zukunftsschadensvorbehalt könnte wie folgt lauten:

Muster 7.7: Unbeschränkter Zukunftsschadensvorbehalt

 

Muster 7.7: Unbeschränkter Zukunftsschadensvorbehalt

Die _________________________ Versicherung verpflichtet sich mit der Wirkung eines zum _________________________ rechtskräftigen Feststellungsurteils, Frau/Herrn _________________________ sämtliche immateriellen und materiellen Schäden, welche ihr/ihm aus dem Unfallereignis vom _________________________ entstanden sind und noch entstehen werden, zu ersetzen. Diese Erklärung gilt gleichermaßen für die bei der _________________________ Versicherung versicherten Personen.[74]

 

Rz. 32

Es ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass sich der Haftpflichtversicherer auf einen so weit gehenden Vorbehalt einlassen wird.[75] Zumindest muss der Mandant damit rechnen, dass die eigentliche Abfindungssumme um einen Zukunfts-Risikofaktor gekürzt wird. Eine andere Einigungsoption ist es, die unbeschränkte Vorbehaltserklärung wieder zu modifizieren. Es könnte dann wie folgt formuliert werden:

Muster 7.8: Beschränkter Zukunftsschadensvorbehalt

 

Muster 7.8: Beschränkter Zukunftsschadensvorbehalt

Die _________________________ Versicherung verpflichtet sich mit der Wirkung eines zum _________________________ rechtskräftigen Feststellungsurteils, Frau/Herrn _________________________ sämtliche immateriellen und materiellen Schäden, welche ihr/ihm aus dem Unfallereignis vom _________________________ entstanden sind und noch entstehen, zu ersetzen. Davon ausgenommen ist der _________________________ (Schaden), welcher bereits vollständig abgegolten worden ist. Diese Erklärung gilt gleichermaßen für die bei der _________________________ Versicherung versicherten Personen.[76]

 

Rz. 33

Wichtig ist, dass ein Zukunftsvorbehalt immer so genau wie möglich beschrieben sein sollte. Es kann nicht präzise genug gearbeitet werden. Unklare Formulierungen wie z.B. "bei wesentlicher Verschlechterung" sind für eine Vielzahl an Wertungen zugänglich und fördern im Zweifel neue Rechtsstreitigkeiten.[77] Geht es beispielsweise darum, dass bestimmte Verletzungsfolgen ausgenommen werden sollen, so sind diese so präzise wie möglich anzuführen, wie z.B.

"für den Fall der Amputation des rechten Armes" oder
"für den Fall, dass die unfallbedingte Minderung der Erwerbsunfähigkeit den Wert von _________________________ % dauerhaft übersteigt".
 

Rz. 34

Je nach den Besonderheiten des Einzelfalles kommen noch zahlreiche weitere Vorbehaltserklärungen in Betracht.[78]

Eine problematische Konstellation stellen z.B. solche Anspruchspositionen dar, welche im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs auf Dritte übergehen, z.B. nach §§ 116 Abs. 1, 119 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungs- bzw. Sozialhilfeträger.[79] Sofern der Versicherer auf solche Schadenspositionen leistet, obwohl diese bereits nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sind, muss der Geschädigte die empfangenen Beträge gem. § 116 Abs. 7 SGB X an diesen erstatten. Um hier Komplikationen zu vermeiden, kommt folgende Vorbehaltsklausel in Betracht:

Muster 7.9: Vorbehalt für übergegangene Ansprüche

 

Muster 7.9: Vorbehalt für übergegangene Ansprüche

Alle bestehenden und zukünftigen Ansprüche des Geschädigten, welche kraft Gesetzes auf Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden, werden von dem Abfindungsvergleich nicht erfasst und sind mit dem Abfindungsbetrag nicht abgegolten. Gleiches gilt auch für zukünftige Ansprüche, welche aufgrund einer veränderten Gesetzeslage entstehen werden und daher gegenwärtig noch bekannt sind.[80]

 

Rz. 35

Einen weiteren problematischen Komplex stellt die steuerrechtliche Seite des Schadensersatzanspruches dar. Hier können sich Fallkonstellationen ergeben, in welchen dem Geschädigten aufgrund des Abfindungsvergleiches über seinen unfallbedingten Schaden hinaus ein zusätzlicher Steuerschaden in Form einer höheren Steuerlast entsteht.[81] Deshalb ist es zu empfehlen, diesen möglichen Steuerschaden im Wege eines Vorbehaltes aus der Abfin...

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