Rz. 70

Die Beteiligten können auch vereinbaren, dass der Ausgleich wie im bisherigen Recht im Wege der Gesamtsaldierung der Rentenanrechte erfolgen soll.[41] Das kann sinnvoll sein, wenn die Eheleute möglichst wenig an dem Gesamtgefüge der für sie bestehenden Versorgungen verändern wollen. Die interne Teilung der Versorgungsanrechte führt im Regelfall zu einer Vervielfachung der Versorgungsanrechte der Eheleute bei gleichzeitiger Reduzierung der vorhandenen Anrechte: Werden alle Anrechte der Eheleute intern geteilt, dann führt der Versorgungsausgleich dazu, dass jeder Ehegatte nach dem Ausgleich Anrechte in so vielen verschiedenen Versorgungssystemen hat, wie Anrechte in den Ausgleich einbezogen wurden. Jedes dieser Anrechte hat aber nur einen relativ geringen Wert.

 

Rz. 71

 

Beispiel

M hat Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung (12 Entgeltpunkte), aus einer betrieblichen Altersversorgung (Rentenbetrag: 200 EUR) und aus einer privaten Lebensversicherung bei der Y-Versicherung (Kapitalwert: 20.000 EUR). Seine Frau F hat Anrecht auf eine Beamtenversorgung als Bundesbeamtin (400 EUR mtl.) und aus einer Lebensversicherung bei der X-Versicherung (Kapitalwert: 5.000 EUR). Wird ein Ausgleich im Wege interner Teilung durchgeführt, bedeutet das für die Eheleute, dass nach dem Ausgleich jeder von ihnen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der Beamtenversorgung des Bundes, in der Y-Versicherung, in der X-Versicherung und in der betrieblichen Altersversorgung von M hat. Das ist für beide Beteiligten sehr unübersichtlich und führt zu verstärktem Aufwand, sobald der Versorgungsfall eintritt, weil überall Anträge gestellt werden müssen usw.

 

Rz. 72

In derartigen Fällen kann es im Interesse beider Ehegatten liegen, einen Gesamtausgleich nach dem Muster des bisherigen Rechts zu vereinbaren, um die Probleme des anrechtebezogenen Hin- und Her-Ausgleichs zu vermeiden. Allerdings müssen die Eheleute in solchen Fällen zugleich bestimmen, auf welche Weise der Ausgleich erfolgen soll, denn das neue gesetzliche Ausgleichssystem ist auf eine Gesamtsaldierung mit ihren erforderlichen Prognosen und Umwertungen nicht eingestellt. Sie müssten also v.a. auch vereinbaren, in welcher Weise Anrechte vergleichbar gemacht werden sollen und in welcher Weise saldiert werden soll. Außerdem müssen sie auch den Halbteilungsgrundsatz beachten, nach dem nicht mehr als die Hälfte eines Ehezeitanteils übertragen werden darf (§ 1 Abs. 1 VersAusglG). In der Praxis wäre eine entsprechende Vereinbarung deswegen – wenngleich nicht ausgeschlossen – aber jedenfalls sehr aufwändig und kaum praktikabel.

 

Rz. 73

Zu denken ist an Gesamtsaldierungen deswegen v.a. im Zusammenhang mit dem Ausgleich nach der Scheidung. Hier erscheint es am ehesten möglich, vorzusehen, dass alle noch auszugleichenden Anrechte einander gegenübergestellt werden, sodass dann nur noch die Differenz durch eine Rentenzahlung (oder ggf. durch eine Abfindung) auszugleichen ist.

 

Rz. 74

 

Beispiel

M und seine Frau F haben jeweils Anrechte aus betrieblichen Altersversorgungen, die bei der Scheidung noch nicht unverfallbar waren und deswegen in den Ausgleich bei der Scheidung nicht einbezogen werden konnten (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG). Beide Versorgungen sind gleichartig. In einem derartigen Fall spricht viel dafür, dass nur die Differenz der Versorgungen ausgeglichen wird, um ein Hin und Her von Zahlungen zu vermeiden.

 

Rz. 75

Zulässig ist es auch, schon vorausschauend zu vereinbaren, dass jeweils bestimmte Versorgungen saldiert und nur die Differenz ausgeglichen werden soll. Eine derartige Vorgehensweise ist schon in § 18 VersAusglG angedeutet, wo die Gegenüberstellung von Rechten gleicher Art vorgesehen ist. Die Eheleute können deswegen die dort genannte Grenze modifizieren oder auch festlegen, welche Anrechte in die Saldierung einzubeziehen sind.

[41] Bredthauer, FPR 2009, 500, 502; Bergner, KomRefVA, S. 74; a.A. anscheinend Rotax, ZFE 2009, 453, 456.

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