Rz. 169

Mit einer Wiederverheiratungsklausel wollen die Eheleute verhindern, dass nach dem Tode des Erstversterbenden durch eine Wiederheirat des Überlebenden der ungeschmälerte Übergang des Nachlassvermögens des Erstversterbenden nach dem Tod des Längstlebenden auf die Endbedachten gefährdet wird.[147] Diese Gefährdung tritt insb. durch das automatisch entstehende Pflichtteilsrecht des zweiten Ehegatten und denen der eventuell aus der Ehe hervorgegangenen Kinder auf. Mit der Klausel soll folglich das Abwandern des Vermögens in einen fremden Familienstamm verhindert werden.

 

Rz. 170

Ist der überlebende Ehegatte nur zum Vorerben eingesetzt, so liegt bereits von vorneherein eine Trennung des Nachlassvermögens vom Eigenvermögen vor. An dem Vermögen des Erstversterbenden können bei der Trennungslösung keine Pflichtteilsrechte des neuen Ehegatten entstehen.

 

Rz. 171

Im Fall der Einheitslösung (der überlebende Ehegatte wird Vollerbe) können die Ehegatten für den Wiederverheiratungsfall z.B. bestimmen, dass der Überlebende den Nachlass ganz oder zu Bruchteilen an die vorgesehenen Schlusserben herauszugeben hat.

Je nach Gestaltung kann damit eine auflösend bedingte Vollerbschaft des überlebenden Ehegatten mit gleichzeitig dadurch aufschiebend bedingter Vorerbschaft gewollt sein. Dies bedeutet, dass die Klausel die Einheitslösung in die Trennungsklausel verwandelt.[148] Mit Wiederverheiratung und damit mit dem Eintritt des Nacherbfalls entfällt regelmäßig die Bindung des überlebenden Ehegatten an seine wechselbezüglichen Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament.

Da eine solche Wiederverheiratungsklausel nicht nur mit latenten Verfügungsbeschränkungen für den überlebenden Ehegatten, sondern auch dem Erfordernis eines neuen Erbscheines verbunden ist, bietet sich in der Praxis alternativ häufig die Gestaltung in Form von Geldvermächtnissen für die Kinder an, die ggf. mittels Grundschuld auf einer Nachlassimmobilie abgesichert werden können.

 

Praxishinweis

Der erbrechtliche Berater sollte keinesfalls eine pauschale Wiederverheiratungsklausel wählen, sondern je nach Einzelfall mit dem Mandanten klären, ob und welche Variante gewünscht wird.

Um hier Streitigkeiten von vorneherein auszuschließen, ist es ratsam, in der Wiederverehelichungsklausel klarzustellen, was mit den wechselbezüglichen und bindenden Verfügungen des überlebenden Ehegatten im Hinblick auf den zweiten Erbfall mit Eintritt der Wiederverheiratung geschehen soll.

[147] Zawar, NJW 1988, 16.
[148] BGHZ 96, 198.

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