Rz. 152
Für den Fall, dass der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten auf den Pflichtteil setzt, kommen drei Auslegungsmöglichkeiten in Frage:
▪ | Es kann eine Enterbung durch negatives Testament vorliegen nach § 1938 BGB, verbunden mit einer Verweisung auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch. |
▪ | Es kann eine Erbeinsetzung i.H.d. Pflichtteilsquote vorliegen. |
▪ | Schlussendlich kann aber auch eine Vermächtniszuwendung i.H.d. Pflichtteilsanspruchs gegeben sein. Für diesen Fall sind dann die Bestimmungen für das Vermächtnis anwendbar. |
Rz. 153
Die Auslegungskriterien dafür, welche der Alternativen im Einzelfall zutreffen, sind umstritten. Nach der wohl h.M. kommt es darauf an, ob der Erblasser gewähren oder aberkennen wollte. Für den ersteren Fall liegt dann ein Vermächtnis vor, für den weiteren Fall eine Pflichtteilsverweisung.[136]
Rz. 154
Von besonderer Bedeutung ist dies bei der Pflichtteilszuweisung an den überlebenden Ehegatten bei Vorliegen einer Zugewinngemeinschaft. Bei einer Pflichtteilsverweisung erhält der überlebende Ehegatte den kleinen Pflichtteil nebst dem konkreten güterrechtlichen Zugewinnanspruch ohne Wahlmöglichkeit.[137] Bei einem Vermächtnis dürfte es sich i.d.R. um das des erhöhten Pflichtteils handeln, mit der Folge, dass der überlebende Ehegatte es ausschlagen und den kleinen Pflichtteil nebst dem güterrechtlichen Zugewinnausgleich verlangen kann.[138] Ist ausdrücklich der kleine Pflichtteil vermächtnisweise zugewendet, so kann der Ehegatte den Restanspruch zum großen Pflichtteil oder stattdessen neben dem kleinen Pflichtteil den güterrechtlichen Zugewinnausgleich verlangen. Liegt ausnahmsweise eine Erbeinsetzung des Überlebenden i.H.d. Pflichtteils vor, muss er ausschlagen, um den güterrechtlichen Zugewinnausgleich neben dem kleinen Pflichtteil verlangen zu können.[139]
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