I. Anforderungsprofil

 

Rz. 5

Ein Testamentsvollstrecker sollte im Ideal folgendes Anforderungsprofil erfüllen:

das volle und umfassende Vertrauen des Erblassers – und nach Möglichkeit, wenngleich auch rechtlich nicht zwingend – der Erben genießen,
über menschliche Qualifikation, insbesondere Standfestigkeit im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Erben verfügen,
ausreichende Kenntnisse der wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge besitzen,
sein Amt unabhängig von Eigeninteressen oder den Interessen eines Arbeitgebers führen können,
über eine ausreichende, im Idealfall durch eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abgesicherte Bonität im Schadensfall verfügen,
ein Alter und einen Gesundheitszustand haben, das die Aufgabenerfüllung noch während der – voraussichtlichen – Dauer der Testamentsvollstreckung erwarten lässt und
hinreichend organisatorischen Background sowie Zeit haben, um sich dem Amt zu widmen.

Dieses Anforderungsprofil ist auf die Angehörigen der steuerberatenden und vermögensverwaltenden Berufsgruppen zugeschnitten wie auf kaum eine andere konkurrierende Berufsgruppe.[6]

[6] Rott, Stbg 2007, 415, 417.

II. Vertrauen

 

Rz. 6

Empirische Untersuchungen[7] zeigen, dass die Auswahl der Person des Testamentsvollstreckers überwiegend nach dem Vertrauensverhältnis erfolgt und die Qualifikation nur in 28 % der Fälle eine Rolle spielt. Allerdings zeigt sich auch: je höher das Vermögen, desto größer die Tendenz, einen professionellen Testamentsvollstrecker zu bestimmen.

Das oft über Jahrzehnte währende Mandatsverhältnis, in dem der künftige Erblasser viele sehr persönliche Dinge über sich und seine Familie preisgibt, unterstreicht das hohe Vertrauen, das der Erblasser in "seinen" Steuerberater oder Vermögensverwalter setzt. Dies gilt erst recht, wenn das Mandat sich nicht auf die jährlich wiederkehrende Fertigung der Steuererklärungen beschränkt, sondern einen finanzplanerischen Ansatz verfolgt. Die Anwaltschaft verfügt nach wie vor in der Regel nicht über langjährig gewachsene Mandatsverhältnisse, erst recht nicht im finanzplanerischen Bereich. Die Banken leiden an diesem Punkt häufig daran, dass ihr Kunde im Laufe seines Lebens mit ihnen durchaus zwiespältige Erfahrungen gemacht hat.[8] Kaum ein Bankkunde ist bereit, seine gesamten liquiden Vermögensbestandteile bei einem Kreditinstitut zu konzentrieren.

 

Rz. 7

Häufig finden sich die engsten Vertrauten im eigenen Familienkreis. Die Wahl fällt dann oft auf einen familieninternen Testamentsvollstrecker. Die Ernennung eines familienfremden Testamentsvollstreckers erscheint jedoch schon deshalb vorzugswürdig, weil dadurch persönliche Konflikte vermieden werden können.[9] Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass vom Rechtsgedanken der Testamentsvollstreckung her ein Testamentsvollstrecker nur vom Vertrauen des Erblassers getragen sein muss und nicht zwingend vom Vertrauen der Erben. Die praktische Erfahrung zeigt indes, dass das Vertrauen der Erben in die Person des Testamentsvollstreckers besser als jedes noch so ausgebuffte rechtliche Konstrukt Angriffe gegen den Erblasserwillen verhindert.[10]

 

Praxishinweis

Der Gestaltungsberater sollte deshalb nicht einfach den Wunsch der Erblasser nach familiennahen Testamentsvollstreckern unkritisch übernehmen, sondern genau hinterfragen und auf die Vorzüge eines familienfremden Testamentsvollstreckers hinweisen.

 

Praxis- und Gestaltungshinweis

Respekt und Vertrauen in den Testamentsvollstrecker können die Erben nur gewinnen, wenn sie ihn kennenlernen. Der Berater sollte daher darauf hinwirken, dass dies nach Möglichkeit noch zu Lebzeiten des Erblassers geschieht. Als ideal erweist es sich, wen der Erblasser bei dieser Gelegenheit den Erben gleichzeitig auch seine Vorstellungen von der Abwicklung des Nachlasses nachvollziehbar begründet. Gelingt dieser lebzeitige Kontakt nicht (mehr), sollte es erste Aufgabe des Testamentsvollstreckers sein, von sich aus den Kontakt zu den Erben zu suchen und seine Vorstellungen zur Testamentsvollstreckung zu kommunizieren und sich ggf. mit den Erben auf eine Vereinbarung zu verständigen, wie mit den grundlegenden Verfahrensabläufen, insbesondere der Erstellung des Nachlassverzeichnisses, der Rechnungslegung, der Auskunftserteilung sowie der Vergütung umgegangen werden soll.[11] Wird auch diese Chance verpasst, kann eigentlich nur noch eine testamentarische Nichtangriffsklausel einen gewissen Schutz davor bieten, dass die Erben sämtliche prozessrechtliche Möglichkeiten ausreizen, ggf. mit der Unterstützung eines Prozessfinanzierers, der ihnen die Risiken der Prozessführung abnimmt.

 

Rz. 8

 

Formulierungsbeispiel: Testamentarische Nichtangriffsklausel

Jeder der in diesem Testament Bedachten ist von der Zuwendung ausgeschlossen, wenn er gegen einzelne meiner Anordnungen, insbesondere gegen die von mir verfügten Regelungen zur Testamentsvollstreckung, vorgeht.

Ergänzend kann an die Einräumung der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Bestimmung seines Nachfolgers für den Fall seiner Ablösung gedacht werden, was d...

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