Rz. 264
Der Erbschein ist einzuziehen, wenn er sachlich unrichtig ist, § 2361 BGB. In der Praxis kann sich die materielle Unrichtigkeit vor allem ergeben, wenn ein Testament vom Gericht falsch ausgelegt, nachträglich ein jüngeres widersprechendes Testament gefunden oder eine wirksame Anfechtung erklärt wurde.
Rz. 265
Beispiele
Falscher Erbe oder Erbteil, fehlende Beschränkung, falscher Berufungsgrund (wenn dann eine falsche Quote angenommen wird).[163]
Rz. 266
Ein Erbschein ist auch dann unrichtig, wenn in ihm eine angeordnete Nacherbfolge nicht angegeben ist.[164] Bei Anordnung einer bedingten Nacherbschaft, z.B. bei Wiederverheiratungsklauseln, kann ein ursprünglich korrekter Erbschein durch Eintritt der Bedingung unrichtig werden.
Rz. 267
Hinweis
Die Einziehung erfolgt von Amts wegen. Ein in der Praxis üblicher "Antrag" eines Beteiligten ist als Anregung zu werten, § 24 FamFG.
Rz. 268
Erlangt das Nachlassgericht, gleich auf welchem Wege, Kenntnis von der möglichen Unrichtigkeit eines Erbscheins, hat es von Amts wegen die notwendigen Ermittlungen durchzuführen.
Umstritten sind die Reichweite der Ermittlungspflicht und die Frage, welches Maß an gerichtlicher Überzeugung notwendig ist, um die Einziehung des Erbscheins anzuordnen.
Werden dem Gericht Tatsachen mitgeteilt, die Zweifel an der Richtigkeit des Erbscheins auslösen, z.B. die behauptete Testierunfähigkeit des Erblassers, hat das Gericht vor einer Entscheidung über die Einziehung die notwendigen Ermittlungen durchzuführen. Es hat entsprechend Beweise zu erheben, z.B. Zeugen und Sachverständige zu vernehmen.
Eine Einziehung wird dann ausgesprochen, wenn die Überzeugung des Nachlassgerichts von dem bezeugten Erbrecht "über einen bloßen Zweifel hinaus erschüttert ist".[165] Zum Maß der Überzeugungsbildung ergibt sich folgendes Stufenverhältnis:
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