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Muster 7.1: Rahmenvereinbarung über Telearbeit vom 16.7.2002

 

Muster 7.1: Rahmenvereinbarung über Telearbeit vom 16.7.2002

1. Allgemeine Erwägungen

Der Europäische Rat rief im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie die Sozialpartner auf, Vereinbarungen zur Modernisierung der Arbeitsorganisation einschließlich einer flexiblen Arbeitsgestaltung mit dem Ziel auszuhandeln, die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhöhen und dabei das nötige Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit zu erreichen.

Die Europäische Kommission forderte die Sozialpartner in der zweiten Phase ihrer Konsultation der Sozialpartner zur Modernisierung und Verbesserung der Arbeitsverhältnisse auf, Verhandlungen über Telearbeit aufzunehmen. Am 20.9.2001 gaben der EGB (und der EUROCADRES-CEC-Verbindungsausschuss), UNICE/UEAPME und CEEP ihre Absicht bekannt, die Verhandlungen für eine Vereinbarung zu beginnen, die von den Mitgliedern der Unterzeichnerparteien in den Mitgliedstaaten und in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums umgesetzt wird. Sie wollten auf diese Weise einen Beitrag zur Vorbereitung auf den vom Europäischen Rat von Lissabon vereinbarten Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft leisten.

Telearbeit umfasst ein breites und sich schnell entwickelndes Spektrum von Umständen und Praktiken. Aus diesem Grund haben die Sozialpartner eine Definition von Telearbeit gewählt, die verschiedene Formen regelmäßiger Telearbeit abdeckt.

Die Sozialpartner sehen Telearbeit sowohl als Möglichkeit für Unternehmen und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes, die Arbeitsorganisation zu modernisieren, als auch als Möglichkeit für die Arbeitnehmer, Berufstätigkeit und soziales Leben in Einklang zu bringen und eine größere Selbstständigkeit bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu erreichen. Wenn Europa das Potenzial der Informationsgesellschaft ausschöpfen will, muss es diese neue Form der Arbeitsorganisation so fördern, dass Flexibilität und Sicherheit zusammengehen, die Qualität der Arbeitsplätze erhöht wird und die Chancen von Behinderten auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden.

Mit dieser freiwilligen Vereinbarung soll ein allgemeiner europäischer Rahmen abgesteckt werden, der von den Mitgliedern der unterzeichnenden Parteien entsprechend den für die Sozialpartner spezifischen nationalen Verfahren und Gepflogenheiten umgesetzt wird. Die vertragschließenden Parteien fordern auch ihre Mitgliedsorganisationen in den Beitrittsländern auf, diese Vereinbarung umzu­setzen.

Die Umsetzung dieser Vereinbarung darf nicht als Rechtfertigung für die Senkung des allgemeinen Schutzniveaus der Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieser Vereinbarung dienen. Bei der Umsetzung dieser Vereinbarung vermeiden die Mitglieder der unterzeichnenden Parteien unnötige Belastungen für kleine und mittlere Unternehmen.

Diese Vereinbarung beeinträchtigt nicht das Recht der Sozialpartner auf der entsprechenden Ebene, einschließlich der europäischen Ebene, Vereinbarungen zur Anpassung und/oder Ergänzung dieser Vereinbarung zu schließen, um besonderen Bedürfnissen der betroffenen Sozialpartner Rechnung zu tragen.

2. Definition und Anwendungsbereich

Telearbeit ist eine Form der Organisation und/oder Ausführung von Arbeit unter Verwendung von Informationstechnologie im Rahmen eines Arbeitsvertrages/eines Beschäftigungsverhältnisses, bei der die Arbeit, die auch in den Einrichtungen des Arbeitgebers ausgeführt werden könnte, regelmäßig außerhalb dieser Einrichtungen verrichtet wird.

Die Vereinbarung erstreckt sich auf Telearbeitnehmerinnen und Telearbeitnehmer. Ein Telearbeitnehmer bzw. eine Telearbeitnehmerin ist eine Person, die Telearbeit nach der vorstehenden Definition leistet.

3. Freiwilligkeit

Telearbeit ist für den betroffenen Arbeitnehmer/die betroffene Arbeitnehmerin und den Arbeitgeber freiwillig. Telearbeit kann als Teil der anfänglichen Tätigkeitsbeschreibung des Arbeitnehmers verlangt oder zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung aufgenommen werden.

In beiden Fällen stellt der Arbeitgeber dem Telearbeitnehmer einschlägige schriftliche Informationen nach Maßgabe der Richtlinie 91/533/EWG einschließlich Informationen über anwendbare Tarifverträge, Beschreibung der zu verrichtenden Arbeit usw. zur Verfügung. Die Besonderheiten von Telearbeit erfordern normalerweise schriftliche Informationen über Fragen wie die Abteilung des Unternehmens, der der Telearbeitnehmer/die Telearbeitnehmerin zugeordnet ist, ihren oder seinen unmittelbaren Vorgesetzten oder andere Personen, an die sie/er Fragen beruflicher oder persönlicher Natur richten kann, Berichterstattungsregelungen usw.

Ist die Telearbeit nicht Teil der anfänglichen Tätigkeitsbeschreibung und unterbreitet der Arbeitgeber ein Angebot, Telearbeit zu leisten, kann der Arbeitnehmer das Angebot annehmen oder ablehnen. Äußert ein Arbeitnehmer den Wunsch, Telearbeit zu leisten, kann der Arbeitgeber dies annehmen oder ablehnen.

Der Wechsel zu Telearbeit ...

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