Rz. 82

Der Homeoffice-Beschäftigte ist keine eigene Kategorie des Arbeitsrechts. Vielmehr finden auf das Homeoffice-Arbeitsverhältnis die gewöhnlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften Anwendung. Lediglich der Umstand, dass der im Homeoffice Tätige vielfach nicht in den Betriebsräumen des Arbeitgebers tätig ist, sondern zu Hause arbeitet, führt dazu, dass sich das Rechtsverhältnis des Homeoffice-Arbeitnehmers in einigen wenigen Bereichen von dem des Normal-Arbeitnehmers unterscheidet. Gerade in Bezug auf diese Bereiche ist es aber Sache der Arbeitsvertragsparteien, Regelungen zu finden, die ein funktionierendes Arbeitsverhältnis auch für den Homeoffice-Arbeitnehmer gewährleisten und die den entsprechenden Besonderheiten Rechnung tragen. Die wesentlichen Grundzüge einer entsprechenden vertraglichen Regelung sind bereits durch die europäischen Sozialpartner in der Rahmenvereinbarung über Telearbeit vom 16.7.2002 vorgezeichnet.

 

Rz. 83

Mit dieser freiwilligen Vereinbarung wollten die europäischen Sozialpartner einen allgemeinen europäischen Rahmen abstecken, der von den Mitgliedern der unterzeichnenden Parteien entsprechend den für die Sozialpartner spezifischen nationalen Verfahren und Gepflogenheiten umgesetzt wird. Insofern soll nach dem Willen der europäischen Sozialpartner die Rahmenvereinbarung in die vielfach noch zu vereinbarenden Tarifwerke zur Telearbeit einfließen. In der Praxis finden sich allerdings nur wenige allein auf die Arbeit im Homeoffice bezogene Tarifverträge.[210] Angesichts dieser tarifpolitischen Enthaltsamkeit der Sozialpartner kann es durchaus angezeigt sein, die in der Rahmenvereinbarung über Telearbeit enthaltenen Gestaltungsvorschläge in die Arbeitsverträge mit Homeoffice-Arbeitnehmern zu integrieren. Insofern kann die Rahmenvereinbarung über Telearbeit als eine Art Muster für angemessene Vertragsbedingungen gelten.

 

Rz. 84

Wie jedes Muster bergen auch die folgenden Musterformulierungen die Gefahr, dass sie ungeprüft auf jedes Rechtsverhältnis übernommen werden. Insofern sind die hier wiedergegebenen Formulierungen nur Beispiele. Für die Praxis ist anzuraten, bezogen auf die jeweils ins Auge gefasste konkrete Tätigkeit des Telearbeiters, "maßgeschneiderte" Vertragsbedingungen zu finden. Als Orientierungshilfe ist hierbei auf die Rahmenvereinbarung über Telearbeit vom 16.7.2002 zu verweisen.

[210] Vgl. etwa den Tarifvertrag über Telearbeit bei der Deutschen Telekom AG – hierzu Körner, NZA 1999, 1190.

I. Muster Rahmenvereinbarung über Telearbeit vom 16.7.2002

 

Rz. 85

Muster 7.1: Rahmenvereinbarung über Telearbeit vom 16.7.2002

 

Muster 7.1: Rahmenvereinbarung über Telearbeit vom 16.7.2002

1. Allgemeine Erwägungen

Der Europäische Rat rief im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie die Sozialpartner auf, Vereinbarungen zur Modernisierung der Arbeitsorganisation einschließlich einer flexiblen Arbeitsgestaltung mit dem Ziel auszuhandeln, die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhöhen und dabei das nötige Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit zu erreichen.

Die Europäische Kommission forderte die Sozialpartner in der zweiten Phase ihrer Konsultation der Sozialpartner zur Modernisierung und Verbesserung der Arbeitsverhältnisse auf, Verhandlungen über Telearbeit aufzunehmen. Am 20.9.2001 gaben der EGB (und der EUROCADRES-CEC-Verbindungsausschuss), UNICE/UEAPME und CEEP ihre Absicht bekannt, die Verhandlungen für eine Vereinbarung zu beginnen, die von den Mitgliedern der Unterzeichnerparteien in den Mitgliedstaaten und in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums umgesetzt wird. Sie wollten auf diese Weise einen Beitrag zur Vorbereitung auf den vom Europäischen Rat von Lissabon vereinbarten Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft leisten.

Telearbeit umfasst ein breites und sich schnell entwickelndes Spektrum von Umständen und Praktiken. Aus diesem Grund haben die Sozialpartner eine Definition von Telearbeit gewählt, die verschiedene Formen regelmäßiger Telearbeit abdeckt.

Die Sozialpartner sehen Telearbeit sowohl als Möglichkeit für Unternehmen und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes, die Arbeitsorganisation zu modernisieren, als auch als Möglichkeit für die Arbeitnehmer, Berufstätigkeit und soziales Leben in Einklang zu bringen und eine größere Selbstständigkeit bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu erreichen. Wenn Europa das Potenzial der Informationsgesellschaft ausschöpfen will, muss es diese neue Form der Arbeitsorganisation so fördern, dass Flexibilität und Sicherheit zusammengehen, die Qualität der Arbeitsplätze erhöht wird und die Chancen von Behinderten auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden.

Mit dieser freiwilligen Vereinbarung soll ein allgemeiner europäischer Rahmen abgesteckt werden, der von den Mitgliedern der unterzeichnenden Parteien entsprechend den für die Sozialpartner spezifischen nationalen Verfahren und Gepflogenheiten umgesetzt wird. Die vertragschließenden Parteien fordern auch ihre Mitgliedsorganisationen in den Beitrittsländern auf, diese Vereinbarung umzu­setzen.

Die U...

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