Rz. 205

Ein weiteres (beinahe "klassisches") Instrument der Unternehmensnachfolge stellt die Implementierung einer Familiengesellschaft (typischerweise als Holding) dar.[299] Auf diese Weise kann das Familienvermögen gebündelt und in dieser gebündelten Form an mehrere Vermögensnachfolger (und auch mehrfach über Generationen hinweg) übertragen werden. Auch eine schrittweise Beteiligung der Nachfolger am Vermögen ist so relativ einfach möglich.

 

Rz. 206

Soweit bereits eine entsprechende Holdingstruktur vorhanden ist, kann diese genutzt und der entsprechende Gesellschaftsvertrag an die Erfordernisse angepasst werden. Ebenso ist aber natürlich auch die Errichtung einer neuen Familiengesellschaft zum Zwecke der Regelung der Nachfolge denkbar.

 

Rz. 207

Einen wesentlichen Vorteil der Familiengesellschaft bildet die Möglichkeit, mehrere in Betracht kommende Vermögensnachfolger am Unternehmen zu beteiligen. Gerade bei Personengesellschaften bietet es sich vielfach an, die Rechte der verschiedenen Gesellschafter oder auch Gesellschafterstämme unterschiedlich auszugestalten, um so eine etwa gewünschte Führungsrolle desjenigen, der die eigentliche unternehmerische Verantwortung tragen und die operative Führung übernehmen soll, abzusichern. In Betracht kommt hier beispielsweise die Übertragung der Komplementärstellung oder auch eine disquotale Stimmrechtsverteilung. Denkbar wäre auch die mehrheitliche Zuwendung der Geschäftsanteile an einer Komplementär-GmbH bei gleichzeitigem Ausschluss des Widerspruchsrechts der Kommanditisten.

 

Rz. 208

Die (vielleicht sogar gleichmäßige) vermögensmäßige Beteiligung sämtlicher Pflichtteilsberechtigter sorgt auch zuverlässig dafür, dass die sonst drohenden pflichtteilsrechtlichen Probleme vollständig vermieden werden. Dies gilt umso mehr, wenn der die operative Führung übernehmende Nachfolger nicht durch eine privilegierte Vermögensbeteiligung, sondern durch andere Mechanismen, beispielsweise disquotale Gewinnbezugsrechte oder konkrete Vorgaben bzgl. Geschäftsführungsvergütung, motiviert und den anderen Nachfolgern gegenüber bevorzugt wird.

 

Rz. 209

Selbstverständlich können auch Familiengesellschaften keine Garantie für ein dauerhaft gedeihliches Zusammenwirken aller Beteiligten bieten. Mithin muss auch (bzw. gerade) hier besonderes Augenmerk auf die Gestaltung von Kündigungs- bzw. Ausschließungsmöglichkeiten gerichtet werden. Dabei geht es selbstverständlich u.a. auch um die Ermittlung des Abfindungsguthabens und die diesbezüglichen, wobei die entsprechenden Regelungen unbedingt den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen genügen müssen.[300]

 

Rz. 210

Für gleitende Übergaben, also schrittweise Beteiligungen der nachfolgenden Generation, besteht auf Seiten der abgebenden Gesellschafter oftmals der nachvollziehbare Wunsch, ungeachtet der beabsichtigten Vermögensabgabe nach wie vor die maßgeblichen Entscheidungsrechte in der Hand zu behalten. Dies kann durch gesellschaftsvertraglich statuierte disquotale Stimmrechtsverteilungen, Mehrfachstimmrechte oder auch Vetorechte erreicht werden.

 

Rz. 211

Um Streitigkeiten unter den Gesellschaftern vorzubeugen bzw. solche nicht zu sehr eskalieren (und auf das operative Geschäft durchschlagen) zu lassen, kann es sinnvoll sein, in der Familiengesellschaft einen Beirat[301] oder Aufsichtsrat vorzusehen. Diesem können sowohl gegenüber der Gesellschafterversammlung als auch gegenüber der Geschäftsführung beratende und/oder beaufsichtigende Funktionen zugewiesen werden. Die Einbindung eines Beirats führt vielfach zu einer wesentlichen Versachlichung der Diskussion, und zwar insbesondere dann, wenn das Gremium nicht mit Gesellschaftern besetzt wird, sondern mit Personen, die sowohl über eine angemessene fachliche Qualifikation verfügen als auch das Vertrauen der Gesellschafter besitzen.

[299] Details vgl. § 17.
[300] Vgl. hierzu Baumbach/Hopt/Roth, HGB, § 131 Rn 58 ff.; Koller/Kindler/Roth/Drüen/Kindler, HGB § 131 Rn 17 ff.; Ulmer/Schäfer, ZGR 1995, 134 (136 f.); MüKo/Schäfer, § 738 Rn 39 ff.
[301] Vgl. hierzu § 23.

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