Rz. 60

Zum Teil hat der Schenker für bestimmte Fälle, die klassischerweise einen Widerruf oder Rücktritt rechtfertigen würden (beispielsweise den Tod des Beschenkten), bereits sehr konkrete Vorstellungen, was mit dem Geschenk geschehen bzw. wer es anstelle des ursprünglich Beschenkten erhalten soll. In derartigen Konstellationen wird statt der Vereinbarung eines Widerrufsrechts mitunter die sog. Weiterleitungsklausel empfohlen. Hier wird bereits im ursprünglichen Schenkungsvertrag vereinbart, dass bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen das Geschenk vom ursprünglich Beschenkten an einen Dritten, den Weiterleitungsempfänger, weiterzugeben ist.[65] Rechtlich und wirtschaftlich sind hiermit jedoch einige Nachteile verbunden, die in der praktischen Auswirkung nicht unterschätzt werden sollten:[66]

 

Rz. 61

Der Schenker begibt sich hier (gegenüber der Situation bei Widerrufs- bzw. Rücktrittsrecht) seiner Dispositionsfreiheit im Zeitpunkt des Eintritts der jeweiligen Bedingungen. Er kann dann nicht mehr frei entscheiden, inwieweit er vielleicht trotz allem am ursprünglichen Vertrag festhalten oder einen bei Vertragsschluss noch gar nicht ins Auge gefassten Dritten begünstigen möchte. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich in jedem Fall, dem Schenker entsprechende Wahlrechte einzuräumen, die es ihm ermöglichen, bei Bedingungseintritt noch zu entscheiden, ob tatsächlich die Weiterleitungsklausel umgesetzt werden soll oder er die Rückübertragung an sich selbst verlangt.

 

Rz. 62

In rein rechtlicher Hinsicht ist die Weiterleitungsklausel insoweit problematisch, als am Vertragsschluss im Regelfall der Weiterleitungsempfänger nicht beteiligt ist. Ein Vertrag mit ihm liegt daher (zunächst) gar nicht vor. Es stellt sich daher die Frage, was gelten soll, wenn der Weiterleitungsempfänger den Schenkungsgegenstand entweder nicht annimmt oder ein (späterer) Vertragsschluss mit ihm aus anderen Gründen nicht zustande kommt. Für den Fall, dass der Schenker zwischenzeitlich verstorben ist, wird man die Weiterleitungsklausel als ein Art Vertrag zugunsten Dritter ansehen müssen – mit allen damit verbundenen Schwierigkeiten und Unsicherheiten.

Schenkungsteuerlich wird die Umsetzung einer Weiterleitungsklausel übrigens wie eine Abkürzung des Leistungsweges behandelt. Der Besteuerung des Weiterleitungsempfängers wird daher sein Verhältnis zum (ursprünglichen) Schenker zugrunde gelegt, nicht etwa das zum ersten Beschenkten.[67]

 

Rz. 63

Ähnliche (tatsächliche) Nachteile wie die Weiterleitungsklausel birgt auch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung, die allein an das objektive Vorliegen der vorgenannten (oder anderer) ein Rückforderungsrecht begründenden Tatsachen anknüpft. Denn auch bei solchen Gestaltungen hat der Schenker später keinerlei Entscheidungsmöglichkeit mehr, ob er – trotz der veränderten Umstände – an der ursprünglichen Schenkung festhalten will. Diese Entscheidungsmöglichkeit kann aber äußerst wichtig sein, vor allem dann, wenn sich die Dinge nicht nur im Hinblick auf den Beschenkten sondern vielleicht auch im Übrigen anders entwickelt haben als erwartet. Hat sich beispielsweise ein anderes Kind des Schenkers, das ursprünglich als alternativer Empfänger nach erfolgter Rückübertragung in Betracht gekommen war, als ungeeignet erwiesen oder ist es gar vor dem ursprünglich Beschenkten verstorben, kann es – im Nachhinein – doch das geringere Übel darstellen, trotz Vorliegens eines veritablen Rückforderungsgrundes alles beim alten zu belassen.

[65] Wegen Bedenken an der rechtlichen Zulässigkeit vgl. Feick, ZEV 2002, 85, 86.
[66] Ebenso Feick/Henn, in: Bonefeld/Wachter, Der Fachanwalt für Erbrecht, § 18 Rn 101.

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