Rz. 88

Auch bei Gesellschaftsanteilen steht im Falle des Ertragsnießbrauchs dem Nießbraucher lediglich der entnahmefähige Gewinn bzw. bei Kapitalgesellschaften die ausgeschüttete Dividende zu.[108] Da der Nießbraucher hier keine Gesellschaftsrechte wahrnehmen kann,[109] stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Besteller des Nießbrauchs verpflichtet ist, sein Stimmrecht im Sinne des Nießbrauchers auszuüben und auf diese Weise alles in seinen Kräften stehende zu tun, damit überhaupt Dividendenausschüttungen anfallen bzw. Gewinnentnahmen möglich sind. Die diesbezügliche Rechtslage ist streitig,[110] so dass ausdrückliche Vereinbarungen im Rahmen der Nießbrauchsbestellung dringend angeraten sind.[111]

 

Rz. 89

Ein Vollrechtsnießbrauch an Gesellschaftsrechten kann nur dann bestellt werden, wenn die Anteile als solche übertragbar sind (§ 1069 BGB). Die Bestellung erfolgt nach den für die jeweilige Gesellschaftsform maßgeblichen Regeln, bei GmbH-Geschäftsanteilen ist demzufolge die notarielle Beurkundung zwingend erforderlich, § 15 Abs. 3 GmbHG.

 

Rz. 90

Problematisch ist auch beim Vollrechtsnießbrauch die Entscheidung, ob und inwieweit die Verwaltungs- bzw. Gesellschafterrechte auf den Nießbraucher übergehen und von diesem wahrgenommen werden können. Höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema ist rar.[112] Der BFH geht allerdings davon aus, dass die Verwaltungs- und Mitwirkungsrechte sich zwischen Nießbraucher und Anteilsinhaber spalten und der Nießbraucher die Stimm- und Kontrollrechte insoweit innehat, als seine Interessen betroffen sind.[113]

[108] BGH v. 20.5.1985 – II ZR 259/84, WM 1985, 1343; BGH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, NJW 1995, 1918.
[109] H.M. vgl. Barry, RNotZ 2014, 401, 410 m.w.N.
[110] Vgl. hierzu Korn, DStR 1999, 1461 ff. u. 1512 ff.
[111] Krauß, Vermögensnachfolge, Rn 1298.
[112] BGH v. 9.11.1998 – II ZR 213–97, NJW 1999, 571 betrifft Grundlagenbeschlüsse, bei denen allein dem Gesellschafter das Stimmrecht zusteht.
[113] BFH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, DStR 1994, 1803; ebenso BeckOK-BGB/Reischl, § 1069 Rn 22; a.A.: MüKo/Pohlmann, § 1068 Rn 81; Barry, RNotZ 2014, 401, 410.

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