Rz. 46

Rechtstechnisch lassen sich Rückabwicklungsvorbehalte sowohl mit Hilfe von Widerrufsrechten als auch durch die Vereinbarung von Rücktrittsrechten umsetzen.

Regelungsbedürftig ist mitunter auch, innerhalb welcher Fristen ein Rückabwicklungsrecht ausgeübt werden kann bzw. muss. Der Gesetzgeber geht in § 529 Abs. 1 BGB von einer zehnjährigen Frist seit der Leistung des Geschenks aus, wenn die Rückforderung wegen einer Verarmung des Schenkers erfolgen soll. Ob diese Frist analog auf andere Rückabwicklungsgründe anwendbar ist, ist zweifelhaft.[46] Im Hinblick darauf, dass die Vorschrift aber ohnehin abdingbar ist,[47] hat man im Einzelfall nach dem tatsächlich zum Ausdruck gekommenen oder mutmaßlichen Willen der Parteien zu fragen. Insoweit ergibt sich vielfach bereits aus der Natur der Sache, dass eine Beschränkung auf 10 Jahre nicht gewollt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Schenker für den Fall des Todes des Beschenkten eine Rückforderungsmöglichkeit vorbehalten hat. Nichtsdestotrotz kann sich die Frage stellen, ob eine zu lange andauernde Möglichkeit des Schenkers, das Geschenk wieder zurückzufordern, nach § 138 BGB sittenwidrig sein könnte.[48] Allerdings ist auch bei sehr langfristig angelegten Rückabwicklungsmöglichkeiten nur im Ausnahmefall davon auszugehen, dass die Vertragsgestaltung den Beschenkten dermaßen benachteiligt, dass sie mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht mehr vereinbart werden könnte. Die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit des Schenkers, ob er überhaupt eine Zuwendung aus seinem Vermögen vornehmen und den Schenker auf diese Weise unentgeltlich bereichern will, schließt eine Sittenwidrigkeit von – auch lange nach Ausführung der Schenkung noch ausübbaren – Rückforderungsrechten weitgehend aus. Im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 529 Abs. 1 BGB ist daher davon auszugehen, dass Rückabwicklungsmöglichkeiten für eine Dauer von 10 Jahren nach Ausführung der Schenkung in der Regel unbedenklich sein dürften.[49] Soweit nicht andere Gesichtspunkte eine Sittenwidrigkeit indizieren, sollte auch eine weitere zeitliche Ausdehnung möglich sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die vereinbarten Rückabwicklungsgründe wirtschaftlich gerechtfertigt sind und keine reine Willkür des Schenkers gegenüber dem Beschenkten darstellen.[50]

Die Unterscheidung zwischen Widerrufsvorbehalt auf der einen und Rücktrittsrecht auf der anderen Seite stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar.

[46] Feick/Henn, in: Bonefeld/Wachter, Der Fachanwalt für Erbrecht, § 18 Rn 112.
[47] Klump, ZEV 1995, 388.
[48] Vgl. hierzu Schmidt, BB 1990, 1992, 1997.
[49] Schmidt, BB 1992, 1997; vgl. auch Mayer, ZGR 1995, 93, 105, der eine Frist von 15 Jahren als zulässig ansieht; vgl. auch Krauß, Vermögensnachfolge, Rn 1990 m.w.N.
[50] Zu Fällen einer möglicherweise unzulässigen Knebelung des Beschenkten vgl. Krauß, Vermögensnachfolge, Rn 1991.

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