Rz. 75
Für die Berechnung des Pflichtteils im Rahmen der Ausgleichsvorschriften ist wie folgt vorzugehen: In einem ersten Schritt wird der Ausgleichungsnachlass durch Abzug der nicht an der Ausgleichung beteiligten Personen ermittelt. Das sind der Ehegatte und der nach § 2056 BGB ausscheidende Abkömmling. Der Ehegatte wird mit seinem, ihm "fiktiv" zustehenden, gesetzlichen Erbteil abgesondert. Dann werden nach Maßgabe der §§ 2055–2057a BGB dem Nachlass die zu berücksichtigenden ausgleichspflichtigen Zuwendungen hinzugerechnet oder bei Anwendung des § 2057a BGB der Wert der besonderen Mitarbeit oder Pflegetätigkeit eines Abkömmlings vom Nachlass in Abzug gebracht. Dann wird die Ausgleichserbquote durch Teilung aller am Ausgleich beteiligten Personen ermittelt. Der Berechtigte muss sich den jeweiligen Vorempfang auf seinen Ausgleichserbteil anrechnen lassen. Bei Anwendung des § 2057a BGB wird dem Ausgleichserbteil der Wert der Mitarbeit oder Pflegeleistung wieder hinzugerechnet. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des so ermittelten Ausgleichserbteils.
Rz. 76
Der Wert der ausgleichspflichtigen Zuwendung richtet sich in entsprechender Anwendung des § 2055 Abs. 2 BGB nach dem Wert, den die Leistung oder die Mitarbeit im Zeitpunkt der Zuwendung hatte. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass hierbei der Leistungszeitpunkt maßgebend ist und nicht der Zeitpunkt der Begründung der Leistungspflicht.
Beispiel
Der verwitwete Erblasser E hinterlässt drei Abkömmlinge A, B und C. A hat im Jahre 1992 einen ausgleichspflichtigen Vorempfang i.H.v. 100.000 EUR erhalten. Der Erblasser stirbt 2004 und hinterlässt einen Nachlass von 500.000 EUR. Zur Alleinerbin hat er seine Freundin F eingesetzt.
Lösung
Der Pflichtteil der Abkömmlinge berechnet sich nun wie folgt:
Tatsächlicher Nachlass | 500.000,00 EUR |
Vorempfang indexiert (100.000 EUR x 98,5 : 80,6)[115] | 122.208,44 EUR |
ergibt einen vorläufigen Ausgleichsnachlass von | 622.208,44 EUR |
geteilt durch die Anzahl der gesetzlichen Erben | 207.402,81 EUR |
Der Pflichtteil von A beträgt: | |
Ausgleichserbteil | 207.402.81 EUR |
abzgl. Vorempfang | 122.208,44 EUR |
ergibt einen Ausgleichserbteil von | 85.194,37 EUR |
und hieraus ½ Pflichtteil | 42.597,18 EUR |
Der Pflichtteil von B und C beträgt jeweils: | |
Ausgleichserbteil | 207.402,81 EUR |
Hiervon ½ Pflichtteil | 103.701,41 EUR |
Hinweis
Zur Kombination von Anrechnung (§ 2315 BGB) und Ausgleichung (§ 2316 BGB) vgl. die Ausführungen von Tanck.[116]
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