Rz. 1

Zunächst sind bestimmte Grundsätze zu klären, die für alle Vereinbarungen im Familienrecht gemeinsam gelten.

I. Gegenstand von Vereinbarungen

 

Rz. 2

Gegenstand einer Vertragsgestaltung im Familienrecht sind insbesondere

Eheverträge,
Getrenntlebens- und Scheidungsfolgenvereinbarungen,
sonstige Vorsorgeverträge.
 

Rz. 3

§ 111 FamFG enthält eine Auflistung der Gegenstände, die Familiensachen sind.

Familiensachen sind:

Ehesachen (Begriff definiert in § 121 FamFG),
Kindschaftssachen,
Abstammungssachen,
Adoptionssachen,
Wohnungszuweisungs- und Hausratssachen,
Gewaltschutzsachen,
Versorgungsausgleichssachen,
Unterhaltssachen,
Güterrechtssachen,
sonstige Familiensachen,
Lebenspartnerschaftssachen.

1. Ehevertrag

 

Rz. 4

Nach § 1408 Abs. 1 BGB können Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln.

Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch andere Vereinbarungen zwischen Eheleuten getroffen werden können (Grundsatz der Privatautonomie). Ein rein "güterrechtliches" Verständnis des Ehevertrages wäre unzutreffend.

Nicht jede Regelung vermögensrechtlicher Verhältnisse im Rahmen einer Ehe muss "güterrechtlich" sein und bedarf demgemäß der Form eines Ehevertrages wie beispielsweise der Kauf einer Immobilie durch Ehegatten – teilweise – aus Ersparnissen eines Beteiligten und entsprechende Vereinbarung über die Folgen. Vor allem aber ist der Regelungsinhalt eines Ehevertrages nicht auf Vereinbarungen zum Güterrecht beschränkt.

 

Rz. 5

Der Begriff ist in einem weiteren Sinne zu verstehen als Vereinbarungen im Hinblick auf eine bestehende oder zukünftige Ehe, die allgemeinen Ehewirkungen, das Güterrecht und/oder die Folgen einer etwaigen Scheidung.

Der Abschluss eines Ehevertrages setzt aber keine bestehende Ehe voraus, ebenso wenig ein Verlöbnis[1] der zukünftigen Eheleute. Der vor der Ehe geschlossene Ehevertrag wird wirksam mit der Eheschließung.

 

Rz. 6

Gegenstand eines Ehevertrages können z.B. Regelungen sein über

Güterrecht,
Versorgungsausgleich,
Unterhalt,
elterliche Sorge,
eheliche Wohnung,
Haushaltssachen,
Steuerrecht,
Eintragung in das Güterrechtsregister,
allgemeine Ehewirkungen,
 

Rz. 7

Regelungen über allgemeine Ehewirkungen sind im Zusammenhang mit einem Ehevertrag z.B. solche über

eheliches Zusammenleben, § 1353 BGB,
Ehe- und Familienname, § 1355 BGB,
Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit, § 1356 BGB,
Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, § 1357 Abs. 1 BGB,
Familienunterhalt, § 1360 BGB,
Vermögensbildung und Altersvorsorge,
Regelung der Eigentumsvermutung, § 1362 BGB.
 

Rz. 8

Die Abgrenzung von Eheverträgen zu anderen Verträgen erfolgt dadurch, dass man sich die Frage stellt, ob das Rechtsgeschäft das Bestehen einer Ehe notwendig voraussetzt oder ob es genauso gut zwischen Dritten vorgenommen werden könnte. Kaufen Ehegatten z.B. Grundbesitz in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, unterliegt ein BGB-Gesellschaftsvertrag nicht der Formvorschrift für Eheverträge gem. § 1410 BGB.

 

Rz. 9

Auch Zuwendungen unter Ehegatten beeinflussen den Güterstand nicht und unterliegen deshalb nicht der Form des § 1410 BGB.[2]

[1] So aber Brambring in seiner Definition, Rn 6.
[2] Staudinger/Thiele, § 1408 Rn 23.

2. Trennungs-/Scheidungsfolgenvereinbarungen

 

Rz. 10

Eheverträge werden von Scheidungsfolgenvereinbarungen dadurch abgegrenzt, dass ein Vertrag dann ein Ehevertrag ist, wenn er die Eingehung einer Ehe notwendig voraussetzt und nicht auf eine bevorstehende oder eingeleitete Scheidung bezogen ist. Eheverträge werden in einer intakten Ehe geschlossen. Dabei wird aber auch der Fall eines möglichen Scheiterns der Ehe bedacht.

Die Scheidungsfolgenvereinbarung wird zum Zweck der einvernehmlichen Abwicklung der gescheiterten Ehe geschlossen.

 

Rz. 11

Die Trennungsvereinbarung hat demgegenüber einen eigenen Regelungsbereich, da die Scheidung zu dieser Zeit noch nicht beabsichtigt zu sein braucht. In einer Krisensituation zwischen "intakter" und "gescheiterter" Ehe wird eine einvernehmliche Regelung der Trennungssituation vorgenommen.

Getrenntlebensvereinbarungen werden aber häufig mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung verknüpft, um für den Fall einer doch unvermeidlichen Scheidung nicht erneut streiten oder verhandeln zu müssen.

 

Rz. 12

In Getrenntlebens- und Scheidungsfolgenvereinbarungen sind insbesondere Vereinbarungen enthalten über

den Güterstand,
den Versorgungsausgleich,
den Unterhalt während des Getrenntlebens,
den nachehelichen Unterhalt,
Krankenversicherung,
die elterliche Sorge und Umgang mit dem Kind/den Kindern,
Auseinandersetzung über eheliches Vermögen,
Haushaltssachen,
eheliche Wohnung,
Verbindlichkeiten.
 

Rz. 13

Vorsorgevereinbarungen außerhalb eines Ehevertrages sind insbesondere hinsichtlich Ausgleichsansprüche wegen erbrachter Zuwendungen und Arbeits- und Dienstleistungen denkbar.

II. Formerfordernisse

1. Ehevertrag

 

Rz. 14

Der Ehevertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden (§ 1410 BGB).

§ 1410 BGB hat die Funktion des Schutzes vor Übereilung der Vertragsschließenden, soll diese warnen und den unzweideu...

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