Rz. 48

Der Streitverkündungsadressat muss nach Zustellung einer Streitverkündung prüfen, ob er dem Rechtsstreit beitritt. Im Regelfall wird zunächst Akteneinsicht angezeigt sein. Der Beitritt kann auf der Seite des Streitverkünders oder aber der Gegenseite erfolgen. Im Anwaltsprozess erfordert der Beitritt aber die anwaltliche Vertretung. Der Beitritt kann auch mit der Einlegung eines Rechtsmittels für die unterstützte Partei erfolgen (vgl. § 67 Abs. 2 ZPO). Im Verlaufe des Rechtsstreits kann der Beigetretene bei Vorliegen eines entsprechenden rechtlichen Interesses auch die Seiten wechseln[64] oder den Beitritt zurücknehmen.

 

Rz. 49

Die persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen des Beitretenden sind von Amts wegen zu prüfen. Fehlt eine Prozessvoraussetzung, ist die Nebenintervention – unabhängig von einem parallel gestellten Zurückweisungsantrag einer Partei nach § 71 Abs. 1 ZPO – durch anfechtbaren Beschluss zurückzuweisen.[65]

 

Rz. 50

Die rechtliche Stellung des Beitretenden bestimmt sich gem. § 74 Abs. 1 ZPO nach den Grundsätzen der Nebenintervention (§§ 66 ff. ZPO). Er kann nicht nur zur Sache vortragen und Beweisanträge stellen (Grenze: Widerspruch der unterstützten Partei), sondern auch Rechtsmittel einlegen und begründen. Da es sich hierbei um das Rechtsmittel der Hauptpartei handelt, ist auch deren Rechtsmittelfrist maßgebend.[66] Es kommt für den Fristbeginn auf die Zustellung des Urteils gegenüber der Hauptpartei (deren Datum bei der Geschäftsstelle erfragt werden kann) und nicht gegenüber dem Streitverkündungsadressaten an (Regressfalle!).[67] Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen (§ 71 Abs. 3 ZPO). Die Parteien können aber nach § 71 ZPO einen Zwischenstreit über den Beitritt herbeiführen. Wird der Beitritt im Zwischenstreit nicht rechtskräftig zurückgewiesen, löst auch eine unzulässige Streitverkündung die Interventionswirkung des § 68 ZPO aus.

 

Rz. 51

 

Hinweis

Hält der Streitverkündungsadressat selbst die Streitverkündung für unzulässig, muss er dies im anschließenden Folgeprozess rügen. Die Rüge muss frühzeitig zu Beginn des ersten Termins im Folgeprozess erhoben werden, sonst droht rügelose Einlassung (§ 295 ZPO).[68]

 

Rz. 52

Ist während des Rechtsstreits über das Vermögen des beigetretenen Streitverkündungsadressaten das Insolvenzverfahren eröffnet worden, tritt die Unterbrechungswirkung des § 240 ZPO nicht ein.[69]

 

Rz. 53

Erfolgt kein Beitritt, gilt § 74 Abs. 2 ZPO: Der Rechtsstreit wird ohne Rücksicht auf den Streitverkündungsempfänger fortgesetzt. Er ist also weder zu Terminen zu laden noch sind etwaige dennoch eingehende Schriftsätze zu berücksichtigen.

 

Rz. 54

 

Hinweis

Dies wird in der Praxis häufig nicht berücksichtigt. Nicht selten kommt es nach Akteneinsicht ohne Beitritt zu Sachvortrag, dessen Berücksichtigung offenbar erwartet wird. Dies ist nach § 74 Abs. 2 ZPO gerade nicht vorgesehen.

[66] BGH NJW-RR 1997, 919.
[68] BGH MDR 1987, 730.
[69] Zöller/Greger, § 240 Rn 7 m.w.N.

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