Rz. 81

Soweit die Fusions-Richtlinie durch die Mitgliedstaaten bislang nicht vollständig oder fehlerhaft in nationales Recht umgesetzt worden ist, stellt sich die Frage der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie. Teilweise wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass die Fusions-Richtlinie nicht eindeutig und genau genug bestimmt sei und den Mitgliedstaaten zudem Ermessensspielräume hinsichtlich der Umsetzung gewährleiste, die einer unmittelbaren Anwendung der Fusions-Richtlinie entgegenstehen.[75] Im Gegensatz dazu hat das FG Baden-Württemberg im Falle der deutschen Regelung zur sog. doppelten Buchwertverknüpfung über die Grenze gem. § 23 Abs. 4 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG entschieden, dass die Fusions-Richtlinie hinsichtlich bestimmter Artikel auch unmittelbar wirken könne, wenn diese nach Wortlaut und Zweck klar und eindeutig sind.[76] Laut FG Baden-Württemberg räumt die Fusions-Richtlinie den Bürgern oder Unternehmern Rechte ein, indem sie die steuerliche Erfolgsneutralität für bestimmte Vorgänge unter bestimmten Voraussetzungen zweifelsfrei vorsieht und verlangt. Dass die steuerliche Neutralität von bestimmten Bedingungen abhängt, steht dem nicht entgegen. Dies wurde vom EuGH in dem darauffolgenden Vorlageverfahren des BFH I R 25/05 in der Rechtssache C-285/07 "A.T." bestätigt.

 

Rz. 82

Damit bleibt aber weiterhin im Einzelfall zu prüfen, ob eine bestimmte Regelung der Fusions-Richtlinie aufgrund hinreichender Bestimmtheit zu einer unmittelbaren Anwendung führen kann.

[75] Wengenroth/Maier, EStB 2004, 338; Kellersmann/Treisch, Europäische Unternehmensbesteuerung, S. 229.
[76] FG Baden-Württemberg IStR 2005, 278.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge